Jährlich 700 Tote durch zu geringe Bußgelder

Lkw-Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten

Hannoversch Münden. Zu niedrige Bußgelder und hoher Wettbewerbsdruck verleiten das Lkw-Gewerbe regelmäßig zu Rechtsverstößen. „Im Straßengüterverkehr wird systematisch gegen die Lenk- und Ruhezeiten verstoßen. Dies gefährdet die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Dienstag während einer Internationalen Polizeifachtagung in Hann. Münden (Niedersachsen).

„An 22,6 % aller tödlichen Unfälle im Straßenverkehr sind Laster beteiligt, viele verursacht durch übermüdete Lkw-Fahrer“, so der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. Laut den jüngsten Kontrollzahlen des Bundesamtes für Güterverkehr betrafen 65,8 % aller im vergangenen Jahr festgestellten Verstöße die Fahrpersonalvorschriften.

Eine von der Allianz pro Schiene erstmals in Deutschland vorgestellte Studie der Prognos AG hat ergeben, dass Transporteure auf der Straße gezielt gegen Lenk- und Ruhezeitenregelungen verstoßen, weil es für sie wirtschaftlich attraktiver ist, die geringen Bußgelder zu zahlen als geltendes Recht einzuhalten. „Diese bewusst einkalkulierten Verstöße gefährden massiv Leib und Leben der anderen Verkehrsteilnehmer“,

kritisierte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. Flege: „Insbesondere Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger sind die Opfer“. Darüber hinaus verschaffe „die im Prognos-Gutachten ermittelte illegale Kosteneinsparung von durchschnittlich 6 Cent pro Fahrzeugkilometer dem Lkw im Vergleich zum sicheren Schienengüterverkehr einen Preisvorteil, den es schnellstens abzubauen gilt“.

Notwendig seien „drastisch höhere Bußgelder und die effektive Bestrafung der schwarzen Schafe in der Fuhrunternehmer-Branche“, forderte Flege. Vorbildlich seien die Franzosen. „Während in Deutschland das durchschnittliche Lkw-Bußgeld bei 131 Euro und das maximal mögliche bei 5.000 Euro liegt, können in Frankreich Verstöße gegen Sozialvorschriften im Straßengüterverkehr mit 30.000 Euro und einem Jahr Freiheitsentzug bestraft werden“. Der Geschäftsführer des Schienenbündnisses, in dem auch zwei Automobilclubs vertreten sind, plädierte für eine Kombination aus abschreckend hohen Strafen und konsequenter Kontrolle. Flege: „Hätten unsere Bußgelder eine ähnlich abschreckende Wirkung wie in Frankreich, könnten in Deutschland jährlich bis zu 700 Menschenleben gerettet werden“. In Frankreich sei lediglich an jedem achten tödlichen Unfall ein Lkw beteiligt, im „Bußgeldparadies Deutschland“ jedoch an jedem fünften.

Die konservative Regierung in Frankreich hat seit ihrer Wiederwahl vor zwei Jahren Verkehrssicherheit zu einem zentralen Thema ihrer zweiten Amtszeit erklärt. Mit Erfolg: Durch Kontrollen und Sanktionen hat die Regierung die ehemals im Straßenverkehr notorisch undisziplinierten Landsleute zum Umdenken gezwungen. So sank die Zahl der Verkehrstoten 2003 im Vergleich zum Vorjahr um 21 Prozent.

Die Allianz pro Schiene ist ein Bündnis von 17 Umwelt-, Verbraucher- und Arbeitnehmerorganisationen zur Förderung des Schienenverkehrs. 48 Fördermitglieder aus der Wirtschaft unterstützen das Schienenbündnis.