Im öffentlichen Personenverkehr auf der Schiene besteht in Deutschland eine Trennung zwischen Fern- und Nahverkehr. Unter Fernverkehr auf der Schiene versteht man die Bewegung von Personen und Gütern mit Schienenfahrzeugen als realisierte Ortsveränderung über weite Entfernungen. Im Fernverkehr auf deutschen Schienen sind die Deutsche Bahn und wenige Wettbewerber unterwegs.
2021 waren im Fernverkehr 85 Millionen Fahrgäste unterwegs.
Die Finanzierung des Fernverkehrs in Deutschland ist relativ simpel erklärt: Er wird eigenwirtschaftlich betrieben. Das heißt, die Einnahmen durch den Fahrscheinverkauf müssen zur Deckung der Kosten genügen. Das gilt für die Deutsche Bahn genauso wie für jeglichen Wettbewerber im Fernverkehr.
Der Fernverkehr auf der Schiene hat mit ungleichen Wettbewerbsbedingungen zu kämpfen: Die Bahn zahlt nicht nur den mit Abstand höchsten Stromsteuer-Satz in ganz Europa – sie zahlt außerdem Ökosteuer und EEG-Umlage.
Fährt ein Zug auf dem deutschen Schienennetz, muss er außerdem für jeden Kilometer einen Trassenpreis zahlen. Er zahlt zusätzlich, wenn er im Bahnhof hält, auch wenn er beispielsweise über Nacht irgendwo abgestellt ist.
Die konkurrierenden Verkehrsträger hingegen genießen eine Reihe von komfortablen Privilegien: So leisten sie bislang kaum einen Beitrag zur Energiewende. Außerdem ist der Luftverkehr beispielsweise von der Mineralöl- und Ökosteuer befreit und muss für nur 15 Prozent der CO2-Zertifikate aufkommen. Die Bahn hingegen muss für 100 Prozent der CO2-Zertifikate im Emissionshandel kostenpflichtig aufkommen. Auch der Fernbus profitiert von den ungleichen Wettbewerbsbedingungen: Im Gegensatz zur Bahn zahlt er gar keine Maut für die Fahrt auf den Schnellstraßen.
Seit Januar 2021 zahlen Zugkunden beim Ticketkauf im Fernverkehr sieben Prozent Mehrwertsteuer. Gegenüber dem alten Zustand bis 2019 mit 19 Prozent Mehrwertsteuer entspricht dies einer dauerhaften Entlastung der Reisenden um rund zehn Prozent.
Trotz dieses Fortschritts hat Deutschland noch einen weiten Weg bis zu fairen Wettbewerbsbedingungen im Verkehr zurück zu legen. Grenzüberschreitende Flüge sind bis heute mehrwertsteuerfrei. Die Konsequenz: Urlauber mit Umweltbewusstsein zahlen mehr.
Analysen der Allianz pro Schiene zeigen, dass im Fernverkehr die Mehrwertsteuer-Entlastung bei den Verbrauchern angekommen ist. So sanken die Preise im Fernverkehr auf der Schiene 2020 um 15,4 Prozent. Dies ist auch eine Folge der Mehrwertsteuersenkung seit Anfang 2020. Bundesregierung und Bundestag hatten im Fernverkehr der Bahn den Mehrwertsteuersatz im Zuge des Klimapakets Anfang 2020 dauerhaft von 19 auf sieben Prozent reduziert.
Bahnreisende erhalten, unabhängig von der Reiseentfernung, ab 60 Minuten Verspätung eine Entschädigung – selbst bei höherer Gewalt (z.B. Unwetter, Streik). Die Fahrgastrechte gelten bei Umsteigeverbindungen auch anbieterübergreifend für die gesamte Reisekette. Fernbusreisende haben dagegen erst ab 250 km Reiseentfernung überhaupt Anspruch auf Entschädigung – allerdings nicht bei höherer Gewalt (z.B. Stau). Für Fluggäste gilt erst ab 3 Stunden Verspätung überhaupt ein Anrecht auf Entschädigung – allerdings nicht bei „außergewöhnlichen Umständen“ (z.B. Streik). Der Bund sollte sich bei der EU mit Nachdruck für vergleichbare Fahrgastrechte bei Fernbussen, Flugzeugen und Bahnen einsetzen.
Der grenzüberschreitende Fernverkehr steht in Deutschland vor einigen maßgeblichen Hürden:
Während Straßen an Grenzübergängen für alle Arten von Pkw und Lkw befahrbar sind, werden Schienenverbindungen an Grenzen sehr sparsam ausgebaut, sodass sie nicht für alle Zugarten nutzbar sind. Ausgerechnet die umweltfreundlichen E-Loks kommen an vielen Grenzübergängen auf der Schiene nicht weiter. In Deutschland etwa sind 30 von 57 Grenzübergängen wegen einer fehlenden Oberleitung nur für Dieselzüge nutzbar.
Außerdem erheben in der EU etliche Staaten Mehrwertsteuer auf internationale Zugtickets. Fluggesellschaften zahlen hingegen keine Mehrwertsteuer auf internationale Tickets. Zudem zahlen grenzüberschreitende Fernzüge in vielen Mitgliedstaaten Stromsteuer, Flugzeuge zahlen EU-weit keine Kerosinsteuer.
Alle EU-Mitgliedstaaten sind laut EU-Recht verpflichtet, alle Zugverbindungen mit einer Schienenmaut („Trassenpreise“) zu belasten. Für den Straßenverkehr gilt diese Pflicht nicht. Einzelne Mitgliedstaaten wie Frankreich oder Italien verlangen von grenzüberschreitenden Personenverkehrszügen sogar höhere Trassenpreise als im nationalen Personenverkehr.
Anlässlich des europäischen Jahrs der Schiene 2021 hat die Allianz pro Schiene ein Positionspapier mit drei verkehrspolitischen Weichen verfasst, die EU und Bund im Europäischen Jahr der Schiene stellen sollten. Konkret geht es um Forderungen, das Schienennetz grenzüberschreitend auszubauen, grenzüberschreitende Zugverbindungen im Wettbewerb zu unterstützen und Steuergerechtigkeit, besonders im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern, herzustellen.
Lesen Sie hier alle Details des Positionspapiers.
Der Nachtzug erlebt in Europa eine Renaissance. Den Anstoß dazu gibt die wachsende Nachfrage nach Bahnreisen und nicht zuletzt die Klimaschutzdiskussion.
Hauptanbieter für Nachtzüge in Deutschland sind seit 2016 die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Dafür richtete die ÖBB zwei neue Nightjet-Verbindungen von Deutschland nach Österreich ein, eine in die Schweiz und drei nach Italien. Verbindungen von Hamburg und Düsseldorf nach Wien gab es bereits. Inzwischen wurde das Streckennetz schrittweise erweitert. Mittlerweile bietet die ÖBB 16 Verbindungen von und nach Deutschland an. Außerdem gibt es noch eine Nachtzugverbindung der russischen Bahn von Moskau über Berlin nach Paris, hinzu kommen die Nachtzüge verschiedener Anbieter, die in der Saison Urlaubsgebiete ansteuern.