Fernverkehr auf der Schiene

1. Wie ist der Fernverkehr auf der Schiene in Deutschland organisiert?

Im öffentlichen Personenverkehr auf der Schiene besteht in Deutschland eine Trennung zwischen Fern- und Nahverkehr. Unter Personenfernverkehr auf der Schiene versteht man eine Fahrstrecke von mehr als 50 Kilometer. Im Fernverkehr auf deutschen Schienen sind die Deutsche Bahn und wenige Wettbewerber unterwegs.

2. Wie viele Menschen sind jährlich im Fernverkehr auf der Schiene unterwegs?

2021 waren im Fernverkehr 85 Millionen Fahrgäste unterwegs.

2021 sind 85 Mio. im Fernverkehr mit der Eisenbahn gereist. Mit dem Flug 5 Mio. und dem Fernbus 3 Mio. Bei allen drei Verkehrsträgern ist ein Einbruch während der Corona-Pandemie erkennbar.

3. Wie finanziert sich der Fernverkehr auf der Schiene in Deutschland?

Die Finanzierung des Fernverkehrs in Deutschland ist relativ simpel erklärt: Er wird eigenwirtschaftlich betrieben. Das heißt, die Einnahmen durch den Fahrscheinverkauf müssen zur Deckung der Kosten genügen. Das gilt für die Deutsche Bahn genauso wie für jeglichen Wettbewerber im Fernverkehr.

4. Warum sind andere Verkehrsträger häufig günstiger als die Bahn im Fernverkehr?

Der Fernverkehr auf der Schiene hat mit ungleichen Wettbewerbsbedingungen zu kämpfen: Die Bahn zahlt nicht nur den mit Abstand höchsten Stromsteuer-Satz in ganz Europa. Fährt ein Zug auf dem deutschen Schienennetz, muss er außerdem für jeden Kilometer einen Trassenpreis zahlen, die sogenannte „Schienen-Maut“. Er zahlt zusätzlich, wenn er im Bahnhof hält, auch wenn er beispielsweise über Nacht irgendwo abgestellt ist.  

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Die konkurrierenden Verkehrsträger hingegen genießen eine Reihe von komfortablen Privilegien: So leisten sie bislang kaum einen finanziellen Beitrag zur Energiewende. Luftverkehr und Binnenschiff sind von der Mineralöl- und Ökosteuer befreit und die CO2-Bepreisung gilt nur für Flüge innerhalb Europas. Auch der Fernbus profitiert von den ungleichen Wettbewerbsbedingungen: Weil er von der Maut befreit ist, zahlt er im Gegensatz zur Bahn keine Gebühr für die Nutzung der Infrastruktur.  

Mehrwertsteuerbelastung im Fernverkehr

Seit Januar 2020 zahlen Zugkunden beim Ticketkauf im Fernverkehr sieben Prozent Mehrwertsteuer. Gegenüber dem alten Zustand mit 19 Prozent Mehrwertsteuer entspricht dies einer dauerhaften Entlastung der Reisenden um rund zehn Prozent.

Trotz dieses Fortschritts hat Deutschland noch einen weiten Weg bis zu fairen Wettbewerbsbedingungen im Verkehr zurückzulegen. Grenzüberschreitende Flüge sind bis heute mehrwertsteuerfrei. Die Konsequenz: Urlauber mit Umweltbewusstsein zahlen mehr.

5. Welcher Entschädigungsanspruch gilt im Fernverkehr für die Fahrgäste?

Bahnreisende erhalten, unabhängig von der Reiseentfernung, ab 60 Minuten Verspätung eine Entschädigung. Die Fahrgastrechte gelten bei Umsteigeverbindungen auch anbieterübergreifend für die gesamte Reisekette. Fernbusreisende haben dagegen erst ab 250 km Reiseentfernung und einer Verspätung ab 120 Minuten überhaupt Anspruch auf Entschädigung. Und dies gilt nur bezogen auf die Abfahrtzeit. Wenn der Bus also pünktlich abfährt, aber zum Beispiel wegen eines Staus verspätet am Zielort ankommt, haben Fahrgäste keinen Anspruch auf Entschädigung. Für Fluggäste gilt sogar erst ab 3 Stunden Verspätung ein Anrecht auf Entschädigung – allerdings nicht bei „außergewöhnlichen Umständen“ (z.B. Streik). Der Bund sollte sich bei der EU mit Nachdruck für vergleichbare Fahrgastrechte bei Fernbussen, Flugzeugen und Bahnen einsetzen.

6. Wie steht es um den grenzüberschreitenden Fernverkehr in Deutschland?

Der grenzüberschreitende Fernverkehr steht in Deutschland vor einigen maßgeblichen Hürden:

Während Straßen an Grenzübergängen für alle Arten von Pkw und Lkw befahrbar sind, werden Schienenverbindungen an europäischen Grenzen sehr sparsam ausgebaut, sodass sie nicht für alle Zugarten nutzbar sind. Ausgerechnet die umweltfreundlichen E-Loks kommen an vielen Grenzübergängen auf der Schiene nicht weiter. Deutschland sollte als wichtigstes Transitland hier mit gutem Beispiel voran gehen. Doch aktuell sind gerade einmal 28 der 57 Grenzübergänge im deutschen Schienennetz mit einer Oberleitung ausgestattet.

Außerdem erheben in der EU etliche Staaten Mehrwertsteuer auf internationale Zugtickets. Fluggesellschaften zahlen hingegen keine Mehrwertsteuer auf internationale Tickets. Zudem zahlen grenzüberschreitende Fernzüge in vielen Mitgliedstaaten Stromsteuer, Flugzeuge zahlen EU-weit keine Kerosinsteuer.

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Alle EU-Mitgliedstaaten sind laut EU-Recht verpflichtet, alle Zugverbindungen mit einer Schienenmaut („Trassenpreise“) zu belasten. Für den Straßenverkehr gilt diese Pflicht nicht. Einzelne Mitgliedstaaten wie Frankreich oder Italien verlangen von grenzüberschreitenden Personenverkehrszügen sogar höhere Trassenpreise als im nationalen Personenverkehr.

Anlässlich des europäischen Jahrs der Schiene 2021 hat die Allianz pro Schiene ein Positionspapier mit drei verkehrspolitischen Weichen verfasst, die EU und Bund im Europäischen Jahr der Schiene stellen sollten. Konkret geht es um Forderungen, das Schienennetz grenzüberschreitend auszubauen, grenzüberschreitende Zugverbindungen im Wettbewerb zu unterstützen und Steuergerechtigkeit, besonders im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern, herzustellen.

Lesen Sie hier alle Details des Positionspapiers.

7. Wie sieht das Nachtzugangebot in Deutschland aus?

Der Nachtzug erlebt in Europa den Beginn einer Renaissance. Den Anstoß dazu gibt die wachsende Nachfrage nach Bahnreisen und nicht zuletzt die Klimaschutzdiskussion. Schließlich ist der Nachtzug die komfortabelste Möglichkeit, längere Strecken durch Europa klimafreundlich zurückzulegen.

Hauptanbieter für Nachtzüge in Deutschland sind seit 2016 die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), die das Streckennetz ihrer Nightjets schrittweise erweitern und mittlerweile zahlreiche Verbindungen von und nach Deutschland anbieten – nicht nur nach oder durch Österreich, sondern auch zu vielen Ziele in Italien, der Schweiz, Kroatien, Slowenien, Ungarn sowie Paris und Brüssel. Außerdem gibt es noch Nachtzugverbindungen anderer Anbieter nach Dänemark und Schweden, in die Niederlande und nach Brüssel; hinzu kommen die saisonalen Nachtzüge verschiedener Anbieter, die beispielsweise Skigebiete ansteuern.

 

> Unsere Detail-Seite zu den Nachtzügen finden Sie hier.