Anbindung des Öffentlichen Verkehrs - Das deutschlandweite Erreichbarkeitsranking

Wie gut ist der Öffentliche Verkehr in Deutschland erreichbar?

Ein kurzer Weg zur Haltestelle bedeutet Freiheit bei der Verkehrsmittelwahl. Viele Menschen würden ihr Auto gerne stehen lassen, wenn sie ihr Ziel mit dem öffentlichen Verkehr klimaschonend erreichen könnten.

Dabei steht fest: Wenn Bahnen und Busse für die Menschen gut erreichbar sind, steigert das nicht nur die Lebensqualität durch kürzere Fahrtzeiten. Mit einem dichten Haltestellen-Netz und guten Verkehrsangeboten kann die Politik auch die Belastung der Luft mit Schadstoffen mindern und die Klimabilanz verbessern. Die Allianz pro Schiene präsentiert einen bundesländerweiten Vergleich der Erreichbarkeit des Öffentlichen Nahverkehrs und legt damit den Handlungsbedarf, besonders in ländlichen Regionen, offen.

1. Wie steht es um die Erreichbarkeit des öffentlichen Verkehrs in den Bundesländern?

Im Bundesländervergleich aller Flächenstaaten bietet das Saarland die kürzesten Wege zu Bahnen und Bussen. 94,1 Prozent der Saarländer wohnen höchstens 600 Meter von der nächsten Halstestelle oder maximal 1.200 Meer vom nächsten Bahnhof mit mindestens 28 Fahrtmöglichkeiten am Tag entfernt.

Ebenfalls deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 85,7 Prozent liegen Nordrhein-Westfalen mit 92,6 und Baden-Württemberg mit 92,3 Prozent.

Mecklenburg-Vorpommern bleibt Schlusslicht in Deutschland, was die Erreichbarkeit von Bus und Bahn angeht. Dort ist der Weg zum häufig fahrenden öffentlichen Verkehr nur für 66,1 Prozent der Einwohner gegeben. Schlecht schneiden weiterhin auch Bayern (74,7 Prozent), Niedersachsen (75,9 Prozent) und Brandenburg (77,9 Prozent) ab.

 

2. Wie steht es um die Erreichbarkeit des öffentlichen Verkehrs in den Landkreisen?

Wir haben die Daten aller Landkreise und kreisfreien Städte für Sie aufbereitet. Sie können in der Karte in der Suchfunktion direkt nach dem Landkreis Ihrer Wahl suchen. Alternativ können Sie auch in die Karte hineinzoomen. Mit einem Klick auf die Kreise erhalten Sie weitere Informationen!

 

Erreichbarkeit des öffentlichen Verkehrs in Städten

Unter allen Städten und Landkreisen weist Bonn in Deutschland das dichteste Netz an Haltestellen im öffentlichen Verkehr auf (99,95 Prozent). Für die Einwohner der ehemaligen Hauptstadt sind die Wege zu akzeptablen Bus und Bahn-Angeboten sogar kürzer als für Berliner (99,35), Hamburger (98,73) oder auch Münchner (99,68). Ebenfalls sehr gut schneiden Mainz, Offenbach am Main, Frankfurt am Main und Fürth ab. Aus unserer Top 10 kommen drei Städte jeweils aus Hessen und aus Nordrhein-Westfalen.

Von den 10 kreisfreien Städten mit der schlechtesten ÖPNV-Anbindung Ihrer Bürger sind die Hälfte davon in Bayern. In Memmingen sind vergleichsweise „nur“ 92,4 Prozent der Menschen gut mit Bus und Bahn versorgt. Kaufbeuren und Ansbach vervollständigen die hinteren Spitzenreiter.

Bonn, Mainz und Offenbach an Main bieten die beste Erreichbarkeit von Bus und Bahn in Städten. Memmingen, Kaufbeuren und Ansbach die vergleichsweise schlechteste.

Erreichbarkeit des öffentlichen Verkehrs in den Landkreisen

Auf der Spitzenposition liegt Fürstenfeldbruck. 99,16 Prozent der Bürgerinnen und Bürger haben dort eine Haltestelle in unmittelbarer Umgebung, die mindestens 28 Mal am Tag angefahren wird. Gefolgt wird die Stadt aus Bayern vom Main-Taunus-Kreis und Offenbach.

Auffällig: Die größten Flops in Deutschland werden mit wenigen Ausnahmen von bayerischen Landkreisen belegt. Das Heimatland von BMW und Audi belegt gleich mit sechs Landkreisen die Top-Positionen für die schlechteste Erreichbarkeit von ÖPNV-Angeboten in Deutschland. Nur 18,6Prozent der Menschen in Straubing-Bogen haben Zugang zu Bushaltestellen oder Bahnhöfen, die in den Hauptverkehrszeiten stündlich angefahren werden. In Cham sind es 20,3 Prozent der Menschen und in Cuxhaven 28,7 Prozent. Zwei der zehn Schlusslichter gehören zu den Landkreisen mit der geringsten Bevölkerungsdichte. Insofern ist eine gute oder schlechte ÖPNV-Anbindung kein Naturgesetz, sondern das Ergebnis von guter oder schlechter Verkehrspolitik.

Das Flächenland Bayern landet im deutschlandweiten Vergleich wie auch im letzten Ranking auf dem vorletzten Platz unseres Erreichbarkeitsrankings. Der Nachbar aus Baden-Württemberg zeigt, wie es wesentlich besser geht – Platz drei im Flächen-Ländervergleich für den Konkurrenten im Westen.

Fürstenfeldbruck, der Main-Taunus-Kreis und Offenbach bieten in den Landkreisen die beste Anbindung an ÖPNV. Straubing-Bogen, Cham und Cuxhaven schneiden im Vergleich sehr schlecht ab.

3. Was ist mit „akzeptabler Erreichbarkeit“ gemeint?

Für das Erreichbarkeits-Ranking von Bus und Bahn in Deutschland verwendet die Allianz pro Schiene Daten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Das BBSR ermittelt den prozentualen Anteil der Bevölkerung, dem in fußläufiger Entfernung eine Bus- oder Bahn-Haltestelle mit mindestens 28 Abfahrten am Werktag zur Verfügung steht. Wichtig ist: Bei den 28 Fahrtmöglichkeiten werden Fahrten in beide Richtungen mitgezählt. Dies entspricht in den meisten Fällen 14 Abfahrten pro Tag und Richtung, und damit theoretisch einem Stundentakt in den Hauptverkehrszeiten. Dies ist aus Sicht der Allianz pro Schiene eine zumindest akzeptable Erreichbarkeit.

4. Wie zufrieden sind die Menschen vor Ort mit ihrer ÖPNV-Anbindung?

Entscheidend ist letztlich, ob das Angebot von Bus und Bahn den tatsächlichen Mobilitätsbedürfnissen der Menschen vor Ort entspricht oder nicht. Deshalb fragen wir alle zwei Jahre in unserem Mobilitätsbarometer die Bürgerinnen und Bürger, wie sie die Qualität des Öffentlichen Verkehrs in ihrem Alltag wahrnehmen.

So war im Jahr 2022 – also im selben Bezugsjahr der Daten des BBSR – jeder Dritte unzufrieden mit der Erreichbarkeit von Bus und Bahn am eigenen Wohnort. Die Studie zeigte außerdem deutlich, dass die Menschen mehrheitlich nicht die Entfernung zur nächsten Haltestelle als Problem sehen, sondern die als zu selten empfundenen Abfahrten.

In der folgenden Grafik haben wir der BBSR-Statistik den Anteil der Bevölkerung gegenübergestellt, der mit der Anzahl der Abfahrten an der nächstgelegenen Haltestelle zufrieden war. Die Diskrepanz verdeutlicht: Von einer hohen Zufriedenheit mit dem vor Ort angebotenen Takt sind wir vielerorts noch weit entfernt. 

In allen Bundesländern sind die Menschen mit der Anzahl der Abfahrten unzufriedener, als die tatsächliche Situation es vermuten lässt.

5. Woher stammen die Daten für unser Erreichbarkeitsranking?

Die Grundlage für die Auswertungen des BBSR bilden die Ergebnisse einer Fahrplanabfrage durch die HaCon Ingenieurgesellschaft mbH für eine Referenzwoche (26.09.2022 bis 02.10.2022) und eine daraus erstellte Abfahrtstatistik. Der Datensatz enthält rund 217.000 Bus- und Bahnhaltestellen. Dabei wurden an einem Werktag bundesweit rund 15 Millionen Abfahrten gezählt.

Eigene Erhebungen führt die Allianz pro Schiene für diese Rankings nicht durch. Sie bringt die Ergebnisse aber aufbereitet für ganz Deutschland, für Bundesländer, Landkreise und Städte in eine Reihenfolge und erstellt so Rankings. Dazu veröffentlichen wir Grafiken, die die Ergebnisse veranschaulichen.

 

6. Wie kann die Erreichbarkeit des öffentlichen Verkehrs in den Ländern verbessert werden?

  • Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung die Fahrgastzahlen auf der Schiene verdoppeln und den Marktanteil des Schienengüterverkehrs auf mindestens 25 Prozent erhöhen. Dies wird nur funktionieren mit einem konsequenten Ausbau der Schieneninfrastruktur – auch in der Fläche.
  • Vor dem Hintergrund eines extrem unterschiedlichen Bus- und Bahnangebots in den Bundesländern spricht sich die Allianz pro Schiene für bundesweit einheitliche Mindeststandards aus. Wir brauchen ein Recht auf Mobilität ohne den Zwang zum Privat-Pkw – eine Mobilitätsgarantie.
  • Mit einer gezielten Verknüpfung von Bus und Bahn können Menschen auch in ländlichen Räumen attraktive Mobilitätsangebote erhalten. So ermöglicht etwa das von der Allianz pro Schiene mit dem Deutschen Verkehrswendepreis ausgezeichnete Konzept PlusBus, ohne eigenes Auto zum Bahnhof zu kommen – abgestimmt auf Zugfahrpläne und häufig auch landkreisübergreifend
  • In Deutschland haben hunderttausende Menschen, die in kleinstädtischen Mittelzentren wohnen, keinen Anschluss an die Schiene. Nur wenn die Bahnen auch wieder stärker in die Fläche zurückkommen, kann die Mobilität in Deutschland effizienter und umweltfreundlicher werden. Ein Mittel hierfür sind Reaktivierungen von stillgelegten Bahnstrecken. Während das Schienennetz jahrzehntelang schrumpfte, rückt jetzt die Reaktivierung vormals stillgelegter Strecken mehr und mehr in den Mittelpunkt. Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg – beides Spitzenreiter in unserem Erreichbarkeitsranking – haben beispielsweise in den vergangenen Jahren damit begonnen, Strecken wieder in den Betrieb zu nehmen. Die gute Positionierung in Erreichbarkeitsranking ist – neben anderen Faktoren – auch auf solche Initiativen zurückzuführen.