Silber: Fatih Yilmazli

Silbermedaille für Fatih Yilmazli

Der gewissenhafte Frauenschwarm

In der Dienststelle von DB Regio Freudenstadt ist Fatih Yilmazli (25) der Jüngste. Seit vier Jahren fährt der gebürtige Dornstettener im zentralen Schwarzwald abwechselnd die Triebwagen der Albtal Verkehrsgesellschaft und der Deutschen Bahn. Seine Ausbilder seien „wie Eltern“ für ihn gewesen, sagt der junge Mann, der eigentlich Pilot werden wollte. Die Kollegen vor Ort verraten noch mehr: Ihr „Küken“ sei ein Muster an Gewissenhaftigkeit. Und das Zeug zum Frauenschwarm habe er außerdem. Während Fatih Yilmazli auf die „Richtige“ noch wartet, springt er für seine weiblichen Fahrgäste in die Bresche. Wenn das kein Glücksfall für die Bahn ist.

Die Würdigung der Jury

„Wie ein Ritter alter Schule“

„Fatih Yilmazli hat gehandelt wie ein Ritter alter Schule. Er hat sich zuerst bei den Reisenden erkundigt, ob sie Hilfe bräuchten. Dann hat er überlegt und effizient gehandelt. Ohne dass die Frauen erst den Notrufknopf drücken mussten, hatte der Lokführer jederzeit die Übersicht in seinem Zug. Seit den Silvester-Übergriffen auf der Kölner Domplatte wissen wir, dass solch ein Einsatz für Frauen in Not leider nicht selbstverständlich ist.“

Das Interview

„Ich mag nicht den großen Max spielen““

Herr Yilmazli, haben Sie Augen im Rücken?
Wenn ich auf der Karlsruher Stadtbahn fahre, sitze ich mit meinen Fahrgästen auf gleicher Höhe. Da sehe ich alles, was in meinem Zug passiert. Morgens spiegelt die Frontscheibe noch wunderbar nach hinten.
 
Haben Sie deshalb so schnell bemerkt, dass sich sexuelle Übergriffe in Ihrem Zug ereigneten?
Zuerst dachte ich, es ist ein Betrunkener, der durch den Zug torkelt. Aber dann sah ich, wie er an den Plätzen von verschiedenen Frauen niederkniete und sie bedrängte. Beim nächsten möglichen Haltpunkt bin ich nach hinten gegangen und habe meine Fahrgäste gefragt, ob sie sich belästigt fühlen.
 
Konnten Sie mit dem Mann sprechen?
Schwer, denn er verstand offenbar kein deutsch oder türkisch. Er war nicht nur betrunken, sondern wohl auch mit anderen Drogen abgefüllt. Er war aggressiv und hatte eine Flasche in der Hand.
 
Zu Silvester auf der Domplatte haben viele Passanten einfach weggeschaut. Was haben Sie getan?
Ich bin nicht der Typ, der gerne den großen Max macht, aber mein Vater ist Türke: Schon als kleiner Junge habe ich gelernt, dass Frauen beschützt werden müssen. Also habe ich die weiblichen Fahrgäste zu mir nach vorne in den ersten Wagen geholt. Danach habe ich dann die Polizei verständigt.
 
Passieren Ihnen solche Dinge häufiger?
Das war schon ein Höhepunkt. Meistens reicht es, wenn ich zu einem Störenfried sage: „Das war’s jetzt Freund, sonst kannst du laufen.“ Als der Kerl dann endlich in Handschellen abgeführt wurde, waren alle erleichtert.
 
Ihre Einsenderin attestiert Ihnen eine besonders ritterliche Ausstrahlung. Fühlen Sie sich wie der Kämpe für die Jungfrau in Not?
Ich bin da eher modern.
 
Modern?
Kinder, Jugendliche oder Alte hätte ich genauso beschützt. Ich trage einfach gerne Verantwortung. In unseren Zügen bin ich Lokführer und Zugführer in einem.
 
Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf besonders?
Wenn ich morgens meinen Zug vorbereite, und die Fahrt über zwei wunderschöne Viadukte geht, wenn der Nebel aufsteigt, und ich in die weite Landschaft schaue, dann weiß ich: Das ist Freiheit.

Die Nominierung

„Er hat auf uns aufgepasst“

„Es war an einem Sonntag gegen 6 Uhr als ich meine Reise in Richtung Karlsruhe antrat. Ich fuhr ein paar Stationen, als plötzlich ein stark alkoholisierter Mann in die Bahn stieg. Er lief immer wieder auf und ab und belästigte Frauen. Immer wieder kniete er sich neben diese und fasste sie an, redete auf sie ein und stolperte weiter. Irgendwann kam er auch zu mir und fiel durch das Ruckeln des Zuges fast auf mich drauf. Nach nur ein paar Haltestellen kam ein netter Zugführer und nahm mich und alle Frauen mit in den ersten Wagon, damit er auf uns aufpassen konnte. Er setzte sich mit Leidenschaft für uns Frauen ein und rief am Ende die Polizei, um den Störenfried aus dem Zug zu entfernen. Ich war so erleichtert und heilfroh, dass er mir geholfen hat. Ich will mir gar nicht ausmalen, was hätte passieren können, wenn er nicht da gewesen wäre.“

Lisa Baunack (Freudenstadt)