Ramsauers Vorgehen beim Gigaliner ist unseriös

Streit um Streckennetz für Riesen-Lkw / Wo und Wie des Tests unklar

Berlin. Im Streit um die Routen für die geplanten Riesen-Lkw-Testfahrten hat die Allianz pro Schiene Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ein fachlich unseriöses Vorgehen vorgeworfen. „“Wenn schon ein überflüssiger Test gegen den Willen der Bürger und die Mehrheit der Länder durchgezogen werden soll, dann haben die Bürger ein Anrecht darauf zu erfahren, auf welchen Straßen sie ganz konkret Gefahr laufen, demnächst einem 25 Meter langen Riesen-Lkw zu begegnen““, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Dienstag in Berlin. Stattdessen habe das Bundesverkehrsministerium bisher nur ein unvollständiges Streckennetz veröffentlicht und die Bundesländer aufgefordert, bis zum 2. September geeignete Routen „nach zu melden“. Der provisorische Streckenplan listet vor allem Autobahnen und Bundesstraßen auf, lediglich Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen haben bisher auch Landes- und Kreisstraßen gemeldet. „„Ein transparentes Vorgehen in dieser sicherheitsrelevanten Frage stellen wir uns anders vor““, kritisierte Flege.

Die Allianz pro Schiene forderte das Ministerium auf, alle Fakten zum Wo und Wie des Tests auf den Tisch zu legen. So unklar wie das betroffene Streckennetz sei nämlich auch die Frage, ob es für die teilnehmenden Unternehmen eine Obergrenze gebe. „“Der Verordnungsentwurf verrät uns nicht, mit wie vielen Riesen-Lkw auf Deutschlands Straßen wir maximal rechnen müssen““, sagte Flege. Auch klare Aussagen zum Konzept der wissenschaftlichen Begleitung, die bei diesem „Test“ schließlich die Hauptsache sein müsse, verschiebe der Verordnungsentwurf des Ministeriums auf später. „Ein solcher Umgang mit dem eigenen wissenschaftlichen Anliegen ist unseriös und erweckt den Eindruck, die wissenschaftliche Begleitung sei nur ein Feigenblatt, um die Wünsche der Hersteller zu bemänteln.“

Flege verwies darauf, dass bereits der provisorische Streckenplan des Bundesverkehrsministeriums bei zahlreichen Länderverkehrsministern zu Irritationen geführt habe. So zeigte sich Hessens Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) laut FAZ verwundert, dass ein Streckenplan mitsamt dem Verordnungsentwurf verschickt worden sei, bevor die Länderarbeitsgruppen zum Thema überhaupt ihre Arbeit beendet hätten. Ein Sprecher des Kieler Verkehrsministeriums sagte laut Kieler Nachrichten, dass der provisorische Streckenplan nicht mit den Routen übereinstimme, die Schleswig-Holstein selber gemeldet habe. „“Ramsauers Test genießt offenbar auch unter den wenigen Befürworter-Ländern nicht das nötige Vertrauen““, sagte Flege. Dass der Bund allerdings auch Länder, die sich ausdrücklich gegen Riesen-Lkw auf ihrem Gebiet ausgesprochen hätten, im Streckenplan „zwangsbeglücken will“, sei nicht hinnehmbar. Als Beispiel nannte Flege das Land Baden-Württemberg, dessen neue grün-rote Regierung eine Beteiligung am Riesen-Lkw-Test ausgeschlossen hatte. Trotzdem enthält der provisorische Streckenplan noch mehr als 140 Kilometer Autobahn, die durch Baden-Württemberg führen und die offenbar die Vorgängerregierung nach Berlin gemeldet hatte.

Zu der unter den Ländern gerade heftig umstrittenen Frage, ob das Bundesverkehrsministerium seinen Riesen-Lkw-Test am Bundesrat vorbei auf dem Wege einer bloßen „Ausnahmeverordnung“ starten dürfe, kündigte die Allianz pro Schiene für den 2. September ein umfassendes Rechtsgutachten zur Zulässigkeit der aktuellen Ausnahmeverordnung an.

Wie stehen die Bundesländer zum geplanten Riesen-Lkw-Versuch des Bundes?

  dagegen  dafür

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  Brandenburg
  Bremen
  Mecklenburg-Vorpommern
  Nordrhein-Westfalen
  Rheinland-Pfalz
  Saarland
  Sachsen-Anhalt

  Bayern
  Hamburg
  Niedersachsen
  Sachsen
  Schleswig-Holstein
  Hessen
  Thüringen*

* Thüringens Verkehrsminister Carius (CDU) befürwortet zwar einen Versuch mit Riesen-Lkw, aber der Koalitionsvertrag der schwarz-roten Landesregierung spricht sich gegen weitere Experimente mit übergroßen Lkw aus. Dort heißt es: „Das Pilotprojekt zum Einsatz von Longlinern wird durch den Freistaat Thüringen nicht verlängert.“ Die SPD in Thüringen lehnt den Versuch ab.