Schülerzüge im Unstruttal

Der öffentliche Verkehr bietet jüngeren Fahrgästen die Möglichkeit, Mobilität unabhängig von den Eltern zu erleben. Er verschafft Kindern und Jugendlichen wesentliche Erfolgserlebnisse in der Verselbständigung und erlaubt Freiheiten in der Alltagsgestaltung. Bus und Bahn sind hierbei mehr als bloße Transportmittel: Ihre Fahrgastkabinen sind wichtige soziale Aktionsräume für den Austausch mit Gleichaltrigen und ermöglichen es, Zeit mit alten Freunden zu verbringen oder neue Kontakte zu knüpfen. Dies gilt in besonderem Maße für ländliche Regionen. Hier haben ein ausgedünntes Schulnetz und Stilllegungen von Schienenpersonennahverkehrstrecken lange Schulwege zur Regel gemacht.

Bundesweit am stärksten betroffen von Streckenstilllegungen ist Sachsen-Anhalt. Hier wurden Strecken auf einer Länge von 660 Kilometern eingestellt. Im benachbarten Thüringen liegen inzwischen etwa 470 Kilometer Gleise brach. Die seit 1994 in Ostdeutschland deaktivierte Schieneninfrastruktur entspricht in ihrer Länge in etwa dem gesamten Bahnnetz der Niederlande.

Mit ehrenamtlichen Engagement für den Erhalt der Eisenbahn

2005 droht so auch die Einstellung des gesamten Schienenpersonennahverkehrs auf der Unstrutbahn zwischen dem sachsen-anhaltinischen Naumburg und Artern im Freistaat Thüringen. In der Zivilgesellschaft weckt das Widerstand. Engagierte Bahnenthusiasten treffen sich noch im selben Jahr im Gasthaus „Zur Finne“ im thüringischen Gehofen und gründen einen gemeinnützigen Eisenbahnverein zur Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde durch den Erhalt der Unstrutbahn zwischen Naumburg und Artern. Die Interessengemeinschaft (IG) Unstrutbahn e. V. ist geboren. Künftig wird sie für den Streckenabschnitt zwischen Wangen und Artern Sonderzüge von Eisenbahnverkehrsunternehmen bestellen, bis zu 60 Stück pro Jahr.

Von Beginn an berücksichtig die Interessengemeinschaft die Belange von Kindern und Jugendlichen. Der Erhalt der Unstrutbahn als ökologisches Beförderungsmittel für Schüler und Auszubildende sowie die Durchführung von Studienfahrten sind als Satzungszwecke festgeschrieben. Im Jahr 2011 gründet sich die Projektgruppe „Schülerzüge“ um den Gymnasialschülern der Klosterschule Roßleben ein Angebot mit der Bahn zur großen An- und Abreise vor und nach den Ferien zu bieten. Zwischen 2012 und 2014 werden so 32 Züge für die Klosterschule Roßleben bestellt.

Zwar verschlechtern sich durch den Jahresfahrplan 2015 die Fernverkehrsanschlüsse zur Unstrutbahn in Naumburg, der An- und Abreiseverkehr wird eingestellt. Inzwischen machen aber auch die anderen regionalen Schulen in Roßleben und Umgebung sowie das Mehrgenerationenhaus in Roßleben Gebrauch von Angeboten der Interessengemeinschaft. So organisiert der Verein in den kommenden Jahren in Kooperation mit regionalen Partnern Wandertage und Exkursionen in der Ferienzeit, kümmert sich um die Zugbestellung und das Rahmenprogramm.

„Gerade im ländlichen Raum sind jüngere Schüler noch nie mit der Bahn gefahren“, meint Ferdinand Fischer, Vorstand der IG Unstrutbahn e.V. und Leiter des Projekts „Schülerzüge“. Durch ein starkes Netzwerk aus Schulen, Kommunen, Touristikern, Verkehrsunternehmen und Vereinen könne aber für eine nachhaltige positive Wahrnehmung der Eisenbahn als Verkehrsträger gesorgt werden. Im Unstruttal ist dies gelungen. Für eine Übertragbarkeit des Projektes in andere Regionen bedarf es jedoch einer „langfristige Sensibilisierung der Schulen und Lehrer für etwaige Angebote“, so Fischer.

Die Fakten im Überblick:

Angebot: Schulverkehre mit Sonderzügen, Klassenfahrten mit Rahmenprogramm

Organisation: Interessengemeinschaft (IG) Unstrutbahn e. V.

Zeitraum: seit 2012

Ziel: Erhalt der Unstrutbahn als ökologisches Beförderungsmittel für Schüler und Auszubildende, Ermöglichung von positiven Ersterfahrungen im Verkehrsträger

Zielgruppe: Schulklassen allen Alters, Lehrer

Gebiet: Unstruttal

Webseite: www.unstrutbahn.de

Dieser Steckbrief ist Teil des Projektes „Jung und umweltfreundlich mobil“. Gefördert durch: