Regionalbahnen brechen alle Rekorde

Die Allianz pro Schiene stellt Deutschlands Erfolgs-Bahnen vor

Nummer eins: Regiobahn in NRW

Berlin. 15 Jahre nach der Bahnreform stellt die Allianz pro Schiene Deutschlands erfolgreichste Regionalbahnen vor. Die Bilanz: Es geht voran mit der Schiene. 15 ausgewählte Bahnen aus allen Bundesländern haben mit ihren Kundenzuwächsen innerhalb weniger Jahre den Beweis erbracht, dass sogar Stilllegungskandidaten zu regelrechten Fahrgastmagneten werden können, wenn das Angebot auf die Fahrgäste abgestimmt wird. Wie das Erfolgsrezept lautet, lässt sich am Beispiel aller 15 Regionalbahnen studieren, die am heutigen Donnerstag in Berlin mit der Broschüre „Stadt, Land, Schiene“ vorgestellt werden: Leistungsfähige Infrastruktur, ein dichter Fahrplan, gute Anschlüsse, moderne Fahrzeuge, einfache Tarife, Kundenorientierung und regionale Verbundenheit des Unternehmens.

Klassenbeste bei den Fahrgastzuwächsen ist die Regiobahn (Nordrhein-Westfalen), die seit 1998 auf der Strecke Kaarst – Mettmann ein Plus von sagenhaften 3790 Prozent eingefahren hat. Die Usedomer Bäderbahn (Mecklenburg-Vorpommern) brachte es seit 1992 auf Zuwächse von 1086 Prozent. Beide Strecken hatten nach jahrzehntelanger Vernachlässigung noch in den 90er Jahren unter Fahrgastschwund und Stilllegungsplänen zu leiden. Neue Fahrzeuge und eine sanierte Infrastruktur ermöglichen heute kürzere Fahrzeiten bei dichterem Takt. Der Erfolg der Angebotsverbesserung überflügelte sofort alle Erwartungen, Regiobahn und UBB fahren in Stoßzeiten hart an der Kapazitätsgrenze.

Enorme Zuwächse verzeichnet ebenfalls die City-Bahn in Chemnitz (Sachsen) auf der früher schwach nachgefragten Verbindung ins Erzgebirge zwischen Chemnitz und Stollberg. Seit 1998 ist dort die Zahl der Fahrgäste um 886 Prozent gewachsen. Bereits totgesagt war auch die Strecke der Taunusbahn (Hessen) zwischen Brandoberndorf und Bad Homburg mit Anbindung nach Frankfurt am Main. Heute fährt die Taunusbahn so erfolgreich (plus 633 Prozent seit 1989), dass die Züge regelmäßig überfüllt sind. Die Strecke Osnabrück – Vechta – Bremen, auf der heute die Nordwestbahn (Niedersachsen) Fahrgastrekorde aufstellt (plus 560 Prozent seit 1998), konnte nur gerettet werden, weil sich Pro Bahn und NABU erfolgreich gegen die Stilllegung stemmten. Heute gehört die NordWestBahn genauso wie die Bayerische Oberlandbahn (plus 233 Prozent seit 1997) selbstverständlich zu den erfolgreichsten Regionalbahnen Deutschlands. „Die Menschen strömen in die Züge, wenn das Angebot stimmt“, sagt der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. Umso unverständlicher sei es, dass die Regionalisierungsmittel, mit denen die Bundesländer den Schienennahverkehr bestellen, regelmäßig für Kürzungen herhalten müssen. „Nach der Bundestagswahl verlangen wir von der Politik ein klares Bekenntnis zur Schiene“, sagt Flege. In Zahlen heißt das: „Die Regionalisierungsmittel müssen um jährlich 2,5 Prozent statt der bislang vorgesehenen 1,5 Prozent aufgestockt werden.“

Erfolgsverwöhnt sind seit jeher die S-Bahnen in Ballungsräumen. Das Beispiel der S-Bahn RheinNeckar (Rheinland-Pfalz) zeigt für den Abschnitt Schifferstadt – Germersheim, wie sich auch auf hohem Niveau in kurzer Zeit neue Fahrgäste (plus 48 Prozent seit 2003) gewinnen lassen. Dass dünnbesiedelte Flächenländer mangels Nachfrage auf einen Personenverkehr auf der Schiene verzichten müssen, erweist sich nach der Aufstellung der Allianz pro Schiene als Vorurteil: Die Orlabahn (Thüringen) konnte auf der Strecke Orlamünde – Pößneck seit 1997 immerhin Fahrgastzuwächse von 208 Prozent verzeichnen. Auch die Burgenlandbahn (Sachsen-Anhalt) oder Prignitzer Eisenbahn und Prignitz Express (Brandenburg) fahren beachtliche Erfolge auf einem schwierigen Terrain ein: Burgenlandbahn plus 69 Prozent, Prignitzer Eisenbahn plus 140 Prozent, Prignitz Express plus 183 Prozent. Auch wenn die absoluten Fahrgastzahlen nicht die Größenordnungen von Ballungsraum-Bahnen erreichen können, so ist der Trend auch für Flächenbahnen klar positiv.

Den Einfallsreichtum regionaler Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen wussten die Fahrgäste regelmäßig zu schätzen. Auf der Strecke der Gäubahn zwischen Eutingen und Freudenstadt (Baden-Württemberg) teilen sich zwei Betreiber die Strecke und bieten den Kunden damit einen Stundentakt. Die Fahrgäste dankten es mit einem Zuwachs von 180 Prozent. Die Saarbahn (Saarland) verkehrt seit 1997 grenzüberschreitend und bietet Ansagen in Deutsch und Französisch: plus 56 Prozent. Ein Wachstum von 183 Prozent verbucht die einst totgesagte Gräfenbergbahn (Bayern), seitdem sie an Wochentagen Pendler nach Nürnberg bringt, an Wochenenden Ausflügler ins Umland lockt. Die Schleswig-Holstein-Bahn mit ihrem blau-weiß-roten Anstrich ist nicht nur besonders schön, sie kann auch als Pionierin unter Deutschlands Erfolgs-Bahnen gelten: Lange vor der Bahnreform taten sich das Land Schleswig-Holstein und der Betreiber zusammen, um einen modernen Eisenbahnverkehr auf die Beine zu stellen: Plus 86 Prozent für die SHB, so lautet das Urteil der Fahrgäste in Zahlen. „Unsere Aufstellung zeigt eindeutig: Die Menschen in Deutschland wollen mehr Schienenverkehr“, sagt Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Flege. „Es ist an der Zeit, dass die Politik ihre Straßenfixierung überwindet. Das schont unseren Geldbeutel, unsere Nerven und nicht zuletzt die Umwelt.“

Baden-Württemberg | Gäubahn

Mühelos überquert die Gäubahn zwischen Eutingen und Freudenstadt drei mächtige Viadukte. Viele Male totgesagt erlebte die Traditionsstrecke mit der Elektrifizierung im Jahr 2006 eine Wiedergeburt. DB Regio und AVG bieten an allen Tagen in der Woche Stundentakt und rücken damit den Nordschwarzwald näher an die Großräume Stuttgart und Karlsruhe.

Betreiber: DB Regio AG und Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG)
Fahrgäste 2006 bis 2008: + 180 %
Bild -Quelle: Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH

Bayern | Gräfenbergbahn

Ihre Rettung verdankt die kirschrote Gräfenbergbahn kämpferischen Bürgerinitiativen und einem findigen Landrat, der die Schüler aus Bussen zurück in den Zug holte. Heute gehört die rundum erneuerte Strecke Nürnberg Nordost – Gräfenberg zu den Referenzstrecken des Freistaates Bayern und wird auch am Wochenende im Stundentakt befahren.

Betreiber: DB Regio AG, Regio Mittelfranken
Fahrgäste 2000 bis 2007: + 161 %
Bild -Quelle: Die Gräfenbergbahn

Bayern | Bayerische Oberlandbahn

In Bayern gehört die BOB fest zur Landschaft. Ein neuartiges Flügelzugsystem sorgte zwar anfangs für Pannen, beschert den Fahrgästen aber heute umsteigefreie Verbindungen bis nach München. Durchgehender Stundentakt, zu Hauptverkehrszeiten sogar Halbstundentakt, das hat die Fahrgäste überzeugt. „Eine der besten“, urteilte die Stiftung Warentest.

Betreiber: Bayerische Oberlandbahn GmbH
Fahrgäste 1997 bis 2007: + 233 %
Bild -Quelle: Bayerische Oberlandbahn

Brandenburg | Prignitzer Eisenbahn

Zwei frühere Reichsbahnlokführer wollten nach der Wende Eisenbahngeschichte schreiben und gründeten mit ausrangierten Wagen ein eigenes Unternehmen. Angepasst an die dünnbesiedelte Region fährt die Prignitzer Eisenbahn (PEG) heute mit Biodiesel und wachsenden Fahrgastzahlen. Auf dem Logo steht selbstbewusst: „Ein guter Zug“.

Betreiber: Prignitzer Eisenbahn GmbH (Arriva)
Fahrgäste 2001 bis 2008: + 140 %
Bild -Quelle: Prignitzer Eisenbahn

Brandenburg | Prignitz Express

Mit Ferkeltaxen und Tempo 30 über schrottreife Gleise, das war gestern. Unter dem Motto „Zielnetz 2000″ verhinderte das Land Brandenburg die Abkoppelung der Ostprignitz von Berlin. Mit Erfolg. Mit Tempo 120 rauscht der Prignitz Express heute über ein rundum erneuertes Gleisbett. Mit den kürzeren Fahrzeiten verdreifachte sich die Zahl der Fahrgäste.

Betreiber: DB Regio AG, Regio Nordost
Fahrgäste 2000 bis 2008: + 183 %
Bild -Quelle: DB AG/ Hans-Joachim Kirsche

Hessen | Taunusbahn

Zur Rettung des guten alten „Heckenexpress“ machte der Hochtaunuskreis mobil und kaufte die Strecke Grävenwiesbach – Friedrichsdorf von der damaligen Bundesbahn. Die folgende Modernisierung zahlte sich aus. Pendler in den Ballungsraum Frankfurt am Main lassen in Scharen das Auto stehen – besonders wenn es im Taunus stürmt und schneit.

Betreiber: Hessische Landesbahn GmbH (HLB)
Fahrgäste 1989 bis 2008: + 633 %
Bild -Quelle: U. Erle

Mecklenburg-Vorpommern | Usedomer Bäderbahn

Die blau-weiße Usedomer Bäderbahn prägt das Bild einer ganzen Insel. So sehr, dass kaum einer mehr weiß, dass die Strecke 1992 stillgelegt werden sollte. Der lange Kampf einiger DB-Leute hat sich ausgezahlt: Festlandanbindung, sanierte Gleise, neue Fahrzeuge, ein Halt im polnischen Swinemünde wandelten die UBB zu einem Fahrgastmagneten. Ziel für 2009: Vier Millionen Fahrgäste jährlich.

Betreiber: Usedomer Bäderbahn GmbH und UBB Polska
Fahrgäste 1992 bis 2008: + 1086 %
Bild -Quelle: Usedomer Bäderbahn GmbH

Niedersachsen | NordWestBahn

Die Strecke Osnabrück – Vechta – Bremen war früher ein klassischer Fall dafür, wie man Fahrgäste vergrault. Immer weniger Verbindungen, am Wochenende Betriebsruhe. Bürgerinitiativen kämpften gegen den Niedergang, heute fährt die Nordwestbahn Stundentakt und gehört zu den Zugpferden der Branche.

Betreiber: NordWestBahn GmbH
Fahrgäste 1998 bis 2008: + 560 %
Bild -Quelle: NordWestBahn GmbH

Nordrhein-Westfalen | Regiobahn

Das Wort „Erfolg“ ist zu klein: Die Regiobahn ist ganz klar die Klassenbeste. Auf der Strecke Kaarst – Mettmann sind die Fahrgastzahlen seit 1998 regelrecht explodiert. Das Erfolgsrezept ist ein dichter Takt: Alle 20 Minuten verkehren die Züge. Zu Stoßzeiten waren sie so voll, dass neue hinzugekauft werden mussten. Wenn die Politik in NRW endlich mitzieht, wird die Regiobahn ihre Strecke bald bis nach Wuppertal erweitern.

Betreiber: RBE GmbH im Auftrag der Regiobahn Fahrbetriebs GmbH
Fahrgäste 1998 bis 2008: + 3790 %
Bild -Quelle: Regiobahn

Rheinland-Pfalz | S-Bahn RheinNeckar

Die S-Bahn RheinNeckar verbindet drei Bundesländer und schweißt Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg zur „Metropolregion“ zusammen. Auch die Strecke Germersheim – Ludwigshafen profitiert von den neuen Verbindungen in die Zentren. Ergebnis: die Fahrgastzahlen steigen weiter – auf hohem Niveau.

Betreiber: DB Regio AG, Regio RheinNeckar
Fahrgäste 2003 bis 2008: + 48 %
Bild -Quelle: Fritz Engbarth

Saarland | Saarbahn

Bus oder Bahn, die Saarbrücker hatten die Wahl und stimmten für die Schiene. Die Saarbahn ist ein Wunschkind, das Eisenbahn und Straßenbahn kombiniert. Sogar beim Design durften die Bürger mitreden. Bei Kundenumfragen erzielt die Saarbahn seit ihrer Jungfernfahrt im Jahr 1997 Bestnoten.

Betreiber: Saarbahn GmbH
Fahrgäste 1997 bis 2008: + 56 %
Bild -Quelle: SaarBahn und Bus

Sachsen | City-Bahn Chemnitz

Chemnitz war schon immer ein wichtiger Knotenpunkt. Einziger Schönheitsfehler: die etwas abseitige Lage des Hauptbahnhofs. Die Lösung: Die Verknüpfung von Eisenbahn und Straßenbahn im Chemnitzer Modell: Jetzt verkehren die Züge im 30 Minuten Takt und die Fahrgäste belohnen das verbesserte Angebot mit beeindruckenden Zuwachsraten.

Betreiber: City Bahn Chemnitz GmbH
Fahrgäste 1998 bis 2008: + 886 %
Bild -Quelle: City-Bahn Chemnitz GmbH

Sachsen-Anhalt | Burgenlandbahn

Die Ausgangslage für die Schiene war nach der Wende mehr als schwierig, trotzdem wollte Sachsen-Anhalt seine Flächenbahn nicht aufgeben. Auf der Strecke Merseburg – Querfurt trotzt die gelbe Burgenlandbahn mit Sauberkeit, Pünktlichkeit und Service dem Trend zu noch mehr Asphalt.

Betreiber: Elbe-Saale Burgenlandbahn
Fahrgäste 1998 bis 2008: + 69 %
Bild -Quelle: Burgenlandbahn

Schleswig-Holstein | Schleswig-Holstein-Bahn

Lange vor der Bahnreform geschah in Schleswig-Holstein ein verkehrspolitisches Wunder: Land und Betreiber einigten sich, die Traditionsstrecke Neumünster – Heide – Büsum einer energischen Modernisierungskur zu unterziehen. Die Schleswig-Holstein-Bahn fährt seit 2003, mit stetig wachsendem Erfolg.

Betreiber: Schleswig-Holstein-Bahn GmbH
Fahrgäste 2001 bis 2008: + 86 %
Bild -Quelle: Schleswig-Holstein-Bahn GmbH

Thüringen | Orlabahn

Je schöner die Landschaft, desto härter das Geschäft. Die Orlabahn auf der Strecke Orlamünde – Pößneck war bis Mitte der 90er Jahre von der Stilllegung bedroht, doch die Landespolitik sah die Chancen und setzte auf eine Grundsanierung. Seit 2000 gibt es umsteigefreie Züge nach Jena. Die Fahrgäste bedanken sich mit kräftigen Zuwächsen.

Betreiber: DB Regio AG, Regio Südost
Fahrgäste 1997 bis 2008: + 208 %
Bild -Quelle: DB Regio

Die Allianz pro Schiene ist das Bündnis in Deutschland zur Förderung des umweltfreundlichen und sicheren Schienenverkehrs. In dem Bündnis haben sich 16 Non-Profit- Verbände zusammengeschlossen: die Umweltverbände BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe und NaturFreunde Deutschlands, die Verbraucherverbände Pro Bahn, DBV und VCD, die Automobilclubs ACE und ACV, die drei Bahngewerkschaften TRANSNET, GDBA und GDL sowie die Eisenbahnverbände BDEF, BF Bahnen, VBB und VDEI. Die Mitgliedsverbände vertreten mehr als 2 Millionen Einzelmitglieder. Unterstützt wird das Schienenbündnis von 93 Unternehmen der Bahnbranche.