Die gute Nachricht: Der Lärmschutz bei den Bahnen wird ernst genommen. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Lösungsansätze: Lärmschutz direkt an der Quelle und Lärmschutzmaßnahmen entlang der Strecke.
Entscheidendes Element für die Reduktion der Lärmemissionen an der Quelle war die inzwischen abgeschlossene Umstellung des Güterwagenparks auf Verbundstoffbremssohlen (LL- oder K-Sohlen). Durch diese „Flüsterbremsen“ werden die Waggonräder nicht mehr aufgeraut und dadurch ein bis zu 10dB(A) leiseres Rollgeräusch erreicht. Dies kommt in der menschlichen Wahrnehmung einer Halbierung des Lärmpegels gleich.
Seit Dezember 2020 ist der Einsatz dieser „Flüsterbremsen“ verpflichtend; der Betrieb älterer Wagen mit Grauguss-Bremssohlen ist nicht mehr zulässig. Die Allianz pro Schiene hatte sich schon seit 2004 für den Einsatz leiser Bremssysteme und entsprechende Förderungen eingesetzt.
Der stationäre Lärmschutz ist neben der Lärmminderung an der Quelle die zweite zentrale Säule der Lärmminderung im Schienenverkehr. Als klassische Maßnahme kommen hier hohe Schallschutz- bzw. Lärmschutzwände zum Einsatz. In den vergangenen Jahren wurden weitere Verfahren an Gleisanlagen erprobt und für wirksam befunden – beispielsweise niedrige, näher an den Gleisen stehende Schallschutzmauern oder Gabionen, Schienenstegdämpfer, Schienenschmiereinrichtungen sowie Maßnahmen zur Brückenentdröhnung.
Weitere Maßnahmen, die die die Lärmemissionen des Schienenverkehrs an der Infrastruktur beeinflussen, betreffen den Schienenzustand und den Elektrifizierungsgrad. Durch präventives Schienenschleifen bleibt die Oberfläche der Schienen glatt und erzeugt bei der Darüberfahrt weniger Lärm. Durch eine fortschreitende Elektrifizierung von Schienenstrecken können verstärkt elektrisch betriebene Züge eingesetzt werden. Diese sind während der gesamten Fahrt deutlich leiser als die bislang genutzten Dieselloks.
Mit dem Nationalen Verkehrslärmschutzpaket II (2009) bekannte sich die Bundesregierung zu dem Ziel, den Schienenlärm bis 2020 zu halbieren. Dazu wurden verschiedene Pilot- und Innovationsprogramme aufgesetzt (z.B. Programm „Leiser Güterverkehr“, Innovationsprogramm „Verbundstoff-Bremsklotzsohlen“).
Erst mit der Einführung des lärmabhängigen Trassenpreissystems (laTPS) im Dezember 2012 entstand jedoch ein echter Anreiz für die Unternehmen der Schienenverkehrsbranche, vorhandene Güterwagen zügig auf Verbundstoffbremsen umzurüsten. Der Bund förderte die kostspielige Umrüstung zugunsten des Lärmschutzes finanziell und stellte dafür im Umrüstungszeitraum 152 Millionen Euro bereit.
Ende 2020 trat schließlich das „Gesetz zum Verbot des Betriebs lauter Güterwagen“ in Kraft. Damit erhielten die deutschen Wagenhalter die notwendige Rechtssicherheit, um die erheblichen Investitionen in die Umrüstung auf die Flüsterbremse zu tätigen. Mit dem gesetzlichen Einsatzverbot für laute Güterwagen zählte die Bundesrepublik in der EU zu den Vorreitern. Inzwischen gelten entsprechende Regelungen EU-weit.
Lärm droht die Akzeptanz des Schienenverkehrs, und damit des umweltfreundlichsten Verkehrsmittels zu gefährden. Deshalb muss noch mehr für den Lärmschutz, insbesondere im Güterverkehr, getan werden. Gemeinsam mit Organisationen aus der Zivilgesellschaft und der gesamten Bahnbranche stellte die Allianz pro Schiene im Projekt „Plattform Leise Bahnen“ einen Fahrplan für einen leiseren Schienenverkehr auf. Ergebnis des Dialogs ist der Lärmschutz-Leitfaden „Sieben Schritte auf dem Weg zu einem leiseren Schienengüterverkehr“.
Das im April 2018 gestartete Nachfolgeprojekt „Forum leise Bahnen“ knüpfte an die Ergebnisse der „Plattform leise Bahnen“ an. Ziel des Dialoges war es, Wege aufzuzeigen, um weitere Fortschritte bei der Lärmminderung, insbesondere im Schienengüterverkehr zu erreichen. Grundlage dafür war der Austausch von relevanten Informationen zur Schienenverkehrslärmminderung mit der Bundes- und Landespolitik, mit den von Lärm Betroffenen und den Akteuren der Schienenverkehrsbranche. Ergebnis des Dialogprozesses waren die nachfolgenden 7 Punkte, die in der Broschüre „Handlungsfelder für einen leiseren Schienenverkehr“ beschrieben sind:
In den vergangenen Jahren ist es der Bahnbranche mit diesen Maßnahmen gelungen, den Schienenverkehrslärm vom Verkehrswachstum zu entkoppeln: Mehr Zugverkehr – aber weniger Lärm. Zwischen 2019 und 2023 ist der bundesweite Lärm-Mittelungspegel an den Messstellen des Eisenbahn-Bundesamts von 73,1 auf 69,6 Dezibel (Mittelungspegel Lm) gesunken. Gleichzeitig stieg die Verkehrsleistung im selben Zeitraum um 2,6 Prozent. Möglich wurde dieser Fortschritt nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Politik und Branche – von den Betreibern bis zu den Wagenhaltern.
Dass wir heute über konkrete Zahlen sprechen können, ist ebenfalls Teil dieser Entwicklung: Vor 2019 gab es keine einheitliche, bundesweite Lärmmessung entlang der Bahnstrecken. Die heute verfügbaren Vergleichswerte beginnen also erst im Jahr 2019 – obwohl die Umrüstung lauter Waggons damals bereits in vollem Gange war. Der tatsächliche Ausgangswert lag entsprechend noch wesentlich höher.
Doch bei aller berechtigten Freude über das Erreichte: Der Kampf gegen Schienenlärm ist noch nicht zu Ende. Die Lärmreduzierung pro Zugfahrt muss weitergehen – und zwar an der Quelle. Denn jedes Dezibel, das gar nicht erst entsteht, muss später nicht aufwendig mit Wänden und anderen Maßnahmen abgeschirmt werden.
Ein Beispiel: Flachstellen an Rädern – also platte Stellen, die beim Bremsen entstehen – erzeugen nicht nur besonders unangenehme Geräusche, sondern beschädigen auch die Gleise. Moderne Lärmmessstellen können solche Flachstellen inzwischen wagenscharf identifizieren. Nun sind Infrastrukturbetreiber, Wagenhalter, Eisenbahnverkehrsunternehmen und Politik gemeinsam gefragt, daraus Lösungen abzuleiten.
Ein weiterer Schlüssel zur leiseren Schiene liegt in der Elektrifizierung des Netzes: Elektrisch betriebene Züge sind deutlich leiser als Fahrzeuge mit Dieselantrieb – auch hier besteht weiter großes Potenzial.