13 Regionalbahnen brechen alle Fahrgastrekorde

Allianz pro Schiene stellt Deutschlands Erfolgs-Bahnen vor

Der Nahverkehr in Deutschland boomt, oft sind die Züge überfüllt. Was die Pendler meist nicht wissen: Die Politik bestimmt, wieviele Züge fahren. Der Bund bremst den weiteren Ausbau derzeit aus.

Berlin, den 16.12.2014. Während Bund und Länder gerade um eine Neufestsetzung der jährlichen Bundesmittel für den Nahverkehr ringen, fahren Deutschlands erfolgreichste Regionalbahnen Jahr für Jahr neue Fahrgastrekorde ein. Die Allianz pro Schiene hat 13 Bahnen aus fast allen Bundesländern ausgewählt, die mit ihren Kundenzuwächsen den Beweis erbringen, dass sogar Stilllegungskandidaten zu regelrechten Fahrgastmagneten werden können. Wie das Erfolgsrezept lautet, lässt sich am Beispiel dieser Erfolgsbahnen studieren: ein dichter Fahrplan, gute Anschlüsse, moderne Fahrzeuge, einfache Tarife, eine leistungsfähige Infrastruktur, Kundenorientierung und regionale Verbundenheit des Unternehmens. „Die Menschen strömen in die Züge, wenn das Angebot stimmt“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege bei der Vorstellung der Erfolgsbeispiele am Dienstag in Berlin. Umso bedauerlicher sei es angesichts der Fahrgastzahlen vieler Regionalbahnen, dass der Bund derzeit den weiteren Ausbau des Nahverkehrs finanziell ausbremse. „Umso wichtiger ist, dass der Bund jetzt zügig die Weichen auf Ausbau stellt.“

Statement von Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene

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Regiobahn und UBB: Die Tausendprozenter
Klassenbeste bei den Fahrgastzuwächsen ist die Regiobahn (Nordrhein-Westfalen), die seit 1998 auf der Strecke Kaarst – Mettmann ein Plus von sagenhaften 4412 Prozent eingefahren hat und demnächst nach Wuppertal verlängert wird. Die Usedomer Bäderbahn (Mecklenburg-Vorpommern) brachte es seit 1992 auf Zuwächse von 1153 Prozent und bindet inzwischen sogar den polnischen Teil von Usedom an. Beide Strecken hatten nach jahrzehntelanger Vernachlässigung noch in den 90er Jahren unter Fahrgastschwund und Stilllegungsplänen zu leiden. Neue Fahrzeuge und eine sanierte Infrastruktur ermöglichen heute kürzere Fahrzeiten bei dichterem Takt. Der Erfolg der Angebotsverbesserung überflügelte sofort alle Erwartungen, Regiobahn und UBB fahren in Stoßzeiten hart an der Kapazitätsgrenze.

Taunusbahn, Schönbuchbahn, Paartalbahn und RE 1 im Vorwärtsgang
Enorme Zuwächse verzeichnet auch die Strecke der Taunusbahn (Hessen) zwischen Brandoberndorf und Bad Homburg mit Anbindung nach Frankfurt am Main. Heute fährt die Taunusbahn so erfolgreich (plus 633 Prozent seit 1989), dass die Züge regelmäßig überfüllt sind. Die Strecke der Schönbuchbahn Dettenhausen – Böblingen, auf der heute die Württembergische Eisenbahngesellschaft (WEG) Fahrgastrekorde aufstellt (plus 300 Prozent seit 1998), konnte nur gerettet werden, weil Bürger die Ärmel hochkrempelten und Mitte der 90er Jahre die Gleise eigenhändig vom Gestrüpp befreiten. Heute gehört die Schönbuchbahn genauso wie die bayerische Paartalbahn (plus 72 Prozent seit 2008) zu den erfolgreichsten Regionalbahnen Deutschlands. Stilbildend war 1994 der erste Regionalexpress von DB Regio, der als RE 1 auf der Strecke Magdeburg – Berlin – Frankfurt/Oder ein neues Kapitel in der Geschichte des deutschen Nahverkehrs aufgeschlagen und seitdem ein Fahrgastplus von 463 Prozent eingefahren hat.

Ballungsraum oder weites Land: Enorme Zuwächse sind drin
Erfolgsverwöhnt sind seit jeher die S-Bahnen in Ballungsräumen. Das Beispiel der S-Bahn Hamburg (Hamburg/Niedersachsen) zeigt für den Abschnitt Hamburg-Neugraben – Stade, wie sich auch auf hohem Niveau in kurzer Zeit neue Fahrgäste (plus 57 Prozent seit 2007) gewinnen lassen. Auch die Nordbahn in Schleswig-Holstein und die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) in Brandenburg fahren beachtliche Erfolge auf teils ländlichem Terrain ein: Nordbahn plus 267 Prozent, NEB auf der Heidekrautbahn plus 134 Prozent. Dass dünnbesiedelte Regionen mangels Nachfrage auf einen Personenverkehr auf der Schiene verzichten müssen, erweist sich nach der Aufstellung der Allianz pro Schiene als Vorurteil: Die Erzgebirgsbahn (Sachsen) konnte auf der Strecke Chemnitz – Annaberg-Buchholz seit 2007 beachtliche Fahrgastzuwächse von 99 Prozent verzeichnen.

Kleiner Grenzverkehr gefällt den Fahrgästen
Den Einfallsreichtum regionaler Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen wussten die Fahrgäste regelmäßig zu schätzen – auch bei Fahrten ins Ausland. Die Saarbahn (Saarland) verkehrt seit 1997 grenzüberschreitend nach Lothringen und bietet Ansagen in Deutsch und Französisch: plus 88 Prozent. Die Euregiobahn (Nordrhein-Westfalen) befährt nach 20 Jahren Stillstand im niederländisch-deutschen Grenzverkehr die Traditionsstrecke Münster – Gronau – Enschede seit 2001 erstmals wieder durchgängig: Plus 92 Prozent lautet das Urteil der Fahrgäste in Zahlen. Die Erfurter Bahn (Thüringen) durchfährt auf der Strecke von Gera nach Hof drei Bundesländer: Thüringen, Sachsen und Bayern. Die Reisenden bedanken sich mit kräftigen Zuwächsen: plus 97 Prozent.

Appell an den Bund: Sparrunde im boomenden Nahverkehr nicht zu vermitteln
„Die Neufestsetzung der Regionalisierungsmittel steht jetzt an“, sagte der Allianz pro Schiene Geschäftsführer. „Die Länder haben ihren Bedarf von 8,5 Milliarden Euro gutachterlich ermittelt, aber der Bund tritt auf die Bremse. Unsere Aufstellung zeigt eindeutig: Die Menschen in Deutschland wollen mehr Schienenverkehr“, sagte Flege. „Die Fahrgäste erwarten, dass die Züge beim Takt und beim Komfort mit den Pendlerströmen mitwachsen. Eine Sparrunde im boomenden Nahverkehr wäre den Reisenden schwer zu vermitteln.“

Ende November hatte der Bundesrat einen Gesetzentwurf beschlossen, der eine deutliche Erhöhung der jährlichen Bundesmittel für den öffentlichen Nahverkehr ab dem Jahr 2015 vorsieht. Auf Grundlage eines Gutachtens fordern die Länder vom Bund eine deutliche jährliche Erhöhung der Mittel für die Bestellung ihres Nahverkehrs, um die stetig steigenden Betriebs-, Energie- und Personalkosten aufzufangen und den Nahverkehr weiter auszubauen. Ab 2015 benötigen die Länder 8,5 Milliarden Euro pro Jahr, eine Dynamisierung von zwei Prozent für jedes Jahr und eine langfristige Planungssicherheit bis 2030. Im laufenden Jahr überweist der Bund 7,3 Milliarden Euro. Für das Jahr 2015 plant die Bundesregierung statt einer langfristigen Neuregelung nur eine Vertagung des Themas bei einer moderaten Erhöhung von 1,5 Prozent. Die Allianz pro Schiene unterstützt die Forderung der Länder, weil die Kürzungsrunden in den Jahren 2007 und 2008 und zu knapp bemessene Steigerungsraten seit 2009 bereits jetzt zu spürbaren Engpässen im Nahverkehr auf der Schiene geführt haben. Die Regionalisierungsmittel, die die Länder seit der Bahnreform erhalten, stammen aus dem Mineralölsteueraufkommen des Bundes. Im aktuellen Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung vorgenommen, den Schienenverkehr zu stärken.

Weitere Informationen

  • Sämtliche Bahnporträts sind als 4. Auflage der Broschüre „Stadt, Land, Schiene“ mit einem Vorwort von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ab sofort online verfügbar.
  • Die Erfolgsbahnen nach Bundesländern im Kurzporträt finden Sie auf dieser Seite.