Themen: Güterverkehr

EU-Kommissar Tajani bremst Monstertruck-Befürworter

Zulassung von Riesen-Lkw in Brüssel vorerst auf Eis

Berlin/Brüssel. EU-Verkehrskommissar Antonio Tajani hat den Plänen, Riesen-Lkw möglichst bald europaweit zuzulassen, vorerst eine Absage erteilt. In einem Interview, das heute auf der Internetplattform der europaweiten Kampagne „NO MEGA TRUCKS“ (www.nomegatrucks.eu) veröffentlicht wurde, erklärt Tajani, dass es erst 2010 auf EU-Ebene eine endgültige Entscheidung über den Einsatz von Monstertrucks geben werde. Die auch von hochrangigen EU-Beamten befürwortete Salamitaktik, vorab zwischen einzelnen EU-Staaten den grenzüberschreitenden Einsatz der bis zu 25 Meter langen und bis zu 60 Tonnen schweren Fahrzeuge zu erlauben, ist darüber hinaus laut Tajani weder mit geltendem EU-Recht vereinbar noch erstrebenswert: „Bilaterale Vereinbarungen zwischen Mitgliedsstaaten zu so einer Frage widersprechen der Idee eines gemeinsamen Binnenmarktes und werfen auch Fragen über eine mögliche Wettbewerbsverzerrung auf.“

Dennoch besteht kein Grund zur Entwarnung. Martin Roggermann, Koordinator der „NO MEGA TRUCKS“-Kampagne, die inzwischen von 139 europäischen Organisationen unterstützt wird: „Nach der EU-Wahl wird das Thema wieder brandaktuell. Im Brüsseler Beamtenapparat gibt es hartnäckige Befürworter der Riesen-Lkw, die auch nach der Europawahl nicht nachlassen werden. Zudem übernimmt Schweden in der zweiten Jahreshälfte 2009 die Ratspräsidentschaft und hat bereits angekündigt, sich für eine möglichst schnelle Zulassung von Monstertrucks auf EU-Ebene einzusetzen.“ Der Hintergrund: In Schweden sind zwei große Herstellerfirmen von Riesen-LKW ansässig.

In Deutschland können Verkehrsteilnehmer zumindest bis Herbst dieses Jahres aufatmen. „Tajanis Äußerungen bedeuten, dass bis auf weiteres keine Riesen-Lkw aus Schweden, Holland oder Dänemark über die Grenze nach Deutschland fahren dürfen. Wir haben mit dieser Klarstellung des EU-Kommissars ein juristisches Bollwerk gegen die gefährlichen Straßenmonster“, sagt Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. Flege kündigte eine Intensivierung des Widerstandes seiner Organisation gegen die laufenden Pilotversuche mit den so genannten Gigalinern in Deutschland an. „Die Gigaliner-Befürworter in einzelnen Bundesländern können sich jetzt nicht mehr hinter der EU verstecken. Wir werden im Vorfeld der Europawahl und der Landtagswahl im Gigaliner-Bundesland Thüringen die Politiker auffordern, Farbe zu bekennen“, sagte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. Ungeachtet des Beschlusses der Länderverkehrsministerkonferenz vom Oktober 2007, rollen in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern immer noch Riesen-Lkw. „Dort hatte man auf grünes Licht aus Brüssel gehofft, um so genannte Ausnahmeregelungen und Pilotversuche in Deutschland durch die Hintertür zu legalisieren“, so Flege. „Diese Strategie ist nun gescheitert.“

Eine Entscheidungshilfe hatte sich die EU-Kommission jüngst von einer neuen Studie zu den Auswirkungen einer europaweiten Zulassung von Riesen-Lkw versprochen. Dazu sagt Tajani in dem Interview mit „NO MEGA TRUCKS“: „Die Ergebnisse dieser Studie, die im Januar 2009 veröffentlicht wurden, und die Reaktionen, die sie hervorgerufen haben – positive und negative – zeigen, dass wir derzeit nur über begrenzte Erkenntnisse in dieser Angelegenheit verfügen. Auf dieser Grundlage kann ich zurzeit keine Änderung der geltenden Gesetzeslage unterstützen, die die generelle Nutzung dieser Fahrzeuge erlaubt.“

Auch die Allianz pro Schiene hatte die von EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie des privaten Gutachterkonsortiums Transport & Mobility Leuven (TML) äußerst kritisch bewertet. Die Gutachter bestätigen dort das Sicherheitsrisiko, die nötig werdenden kostspieligen Investitionen aus Steuergeldern in die Straßeninfrastruktur und die negativen Umwelteigenschaften der Riesen-Lkw, empfehlen aber trotzdem eine europaweite Zulassung dieser Fahrzeuge – eine Position, die die Allianz pro Schiene für nicht nachvollziehbar und unseriös hält.

Die Allianz pro Schiene ist das Bündnis in Deutschland zur Förderung des umweltfreundlichen und sicheren Schienenverkehrs. In dem Bündnis haben sich 16 Non-Profit-Verbände zusammengeschlossen: die Umweltverbände BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe und NaturFreunde Deutschlands, die Verbraucherverbände Pro Bahn, DBV und VCD, die Automobilclubs ACE und ACV, die drei Bahngewerkschaften TRANSNET, GDBA und GDL sowie die Eisenbahnverbände BDEF, BF Bahnen, VBB und VDEI. Die Mitgliedsverbände vertreten mehr als 2 Millionen Einzelmitglieder. Unterstützt wird das Schienenbündnis von 84 Unternehmen der Bahnbranche.