Axel Schäfer (48) ist ein typischer Lokführer: Der Mann steht nicht gern im Rampenlicht. Und wenn man ihn im Scherz fragt, ob es vielleicht der Blick seiner strahlend blauen Augen war, der die Kundin in Ohnmacht fallen ließ, schaut er regelrecht unglücklich drein. Trotzdem freut ihn der Titelgewinn. Schließlich fährt er seit 25 Jahren für die Deutsche Bahn und kennt das Frankfurter S-Bahn-Netz wie seine Westentasche. Wie er es denn geschafft hat, die gerettete Brille so liebevoll zu verpacken, dass seine Einsenderin noch heute gerührt ist? „Da hat meine Frau geholfen.“ Immer ehrlich. Und bloß nicht zu viel Scheinwerferlicht.
Die Würdigung der Jury
Bronze für Menschlichkeit in der Alltagshektik
Gerade im S-Bahn-Bereich von Großstädten werden Kunden oft zur anonymen Masse. Bahnmitarbeiter, die täglich Tausende von Pendlern abfertigen müssen, verlieren schnell den Blick für den Einzelfall. Nicht so Axel Schäfer. Sein Einsatz zeigt eine ganz persönliche Note, die bei der Kundin auch so angekommen ist. Spätestens als sie das liebevoll verpackte Paket auswickelte, das die Überreste ihrer Brille enthielt. Solch herzliche Anteilnahme macht aus Kunden dankbare Fahrgäste. Bronze für den S-Bahner, der sich seine Menschlichkeit in der Alltagshektik bewahrt hat.
Herr Schäfer, Sie haben gewonnen. Wie fühlt sich das an?
Zuerst war es ein Schock, das muss ich zugeben. Aber inzwischen habe ich mich an die Aufmerksamkeit, die Fotos und die Filmaufnahmen gewöhnt. Jetzt finde ich es schön, wie dankbar die Menschen schon für kleine Dinge sind.
Sind Sie auch so ein Lokführer, der am liebsten einen dicken Maschinenraum zwischen sich und den Fahrgast bringt?
Nein, als Triebfahrzeugführer bei der Frankfurter S-Bahn könnte ich mir das gar nicht leisten. Im Berufsverkehr oder wenn Messe ist, muss ich dauernd den Bahnsteig im Auge behalten. So war es auch, als Frau Pauly um Hilfe rief, weil sie gestürzt war. Da überlege ich nicht lange, da springe ich raus.
Aber dass Sie dann auf der Rückfahrt im Schotter wühlen müssen, kommt nicht alle Tage vor?
Ich hatte mir die Stelle gemerkt. Schließlich wusste ich, dass es sehr teure Brillengläser waren. Da habe ich dann passgenau gehalten und die Teile der Brille geborgen. Die Gläser waren noch heil.
Wie haben Sie den Lokführerstreik erlebt? Hatten die Fahrgäste Verständnis?
Als Beamter habe ich nicht gestreikt. Einige Fahrgäste haben das honoriert. Aber es gab auch sehr grenzwertige Reaktionen. „Ihr kriegt den Hals nicht voll. Wir wünschen euch, dass ihr ins Krankenhaus kommt und die Ärzte streiken.“ So was tut schon weh. Schließlich gibt es in Deutschland ein Streikrecht.
Wann muss man fahren, um Sie im Zug zu treffen?
Ich bin immer in der Frühschicht unterwegs. Zwischen zwei und vier Uhr morgens stehe ich auf.
Das ist aber arg zeitig fürs erste Frühstück.
Meine Morgen-Stulle esse ich tatsächlich erst im Führerhaus. Trotzdem gefällt mir dieser Takt. So habe ich abends noch Zeit für meine Frau und meine beiden Töchter. Meine Zwillinge sind jetzt 18 Jahre alt.
Aber die Zwillingsschwestern, die sich zu Lokführerinnen haben umschulen lassen, sind nicht zufällig Ihre Töchter?
Nein, aber die beiden Kolleginnen wohnten bei mir in der Nachbarschaft. Meine Töchter wollen bis jetzt noch nicht zur Bahn. Aber wer weiß? Ich komme aus einer Bahnerfamilie. Als ich klein war, sagten alle: Du gehst mal zur Bahn. Und so ist es gekommen.
Die Nominierung
„Alle waren ganz begeistert“
Am 20.5.2014 kam ich mit dem ICE von Köln in Frankfurt Süd an. Ich musste weiter mit der S 5 nach Friedrichsdorf-Seulberg. Aus mir unerklärlichen Gründen bin ich mit dem Kopf gegen die S-Bahn gefallen, wobei erst das linke Glas aus meiner Brille auf das Gleis flog und danach der Rest der Brille. Da ich nicht alleine aufstehen konnte, rief ich um Hilfe. Der nette S-Bahn-Fahrer, Herr Axel Schäfer aus Schwalbach, und eine junge Dame halfen mir auf. Herr Schäfer fragte mich nach meiner Adresse und meiner Telefon-Nummer, da er nach seiner Rückfahrt nach Süd meine Brille aus dem Gleisbett holen wollte. Ich saß hinter ihm in der ersten Klasse, und nach zwei Stationen kam er ins Abteil, um sich zu erkundigen, ob es mir gut ginge.
Nach ein paar Tagen erhielt ich die Teile meiner Brille liebevoll verpackt per Post. Als ich mich bei ihm bedankte, meinte er, das wäre doch selbstverständlich, er wäre so erzogen und seine Töchter würden auch so erzogen. Als ich meinen Bekannten von dieser Hilfsbereitschaft erzählte, waren alle ganz begeistert.“ Elke Pauly (Friedrichsdorf)