Berlin. Deutschland investiert deutlich weniger in die Schieneninfrastruktur als andere westeuropäische Staaten. Dies geht aus aktuellen Zahlen der OECD hervor, die am 9. Juni in Buchform veröffentlicht werden. Demnach wird die Schieneninfrastruktur hierzulande lediglich mit 29,3 Prozent der staatlichen Infrastrukturausgaben für die Landverkehrsträger bedacht, während in Westeuropa im Durchschnitt 33,4 Prozent der staatlichen Infrastrukturinvestitionen ins Gleisnetz fließen. Wenn wir verkehrspolitisch keine Verhältnisse wie in Osteuropa haben wollen, muss Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer bei den anstehenden Haushaltsberatungen von der Straße auf die Schiene umschichten, forderte Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege am Montag in Berlin. Deutschland investiert prozentual zu viel in den Bau von Straßen und vernachlässigt den Ausbau des Schienennetzes.
Ramsauer selbst hat offenbar die Hoffnung auf mehr Geld für die Verkehrsinfrastruktur aufgegeben. Während er in den vergangenen Wochen mehrfach von 1,5 Milliarden Euro sprach, die sein Ministerium zusätzlich für die Verkehrsinfrastruktur benötige, lässt er sich in der heutigen Ausgabe des Nachrichtenmagazins Spiegel wie folgt zitieren: Dann müsste mein Etat eigentlich erhöht werden. Das ist allerdings in Anbetracht der aktuellen Situation eine eher theoretische Betrachtung.
Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege zum Eingeständnis des Ministers: Wenn es nicht mehr Geld für die gesamte Verkehrsinfrastruktur gibt, stellt sich umso dringlicher die Frage, wie das knappe Geld auf die einzelnen Verkehrsträger verteilt wird. Neben der vom Bundespräsidenten in der vergangenen Woche beim Weltverkehrsforum angemahnten Kostenwahrheit im Verkehr ist eine Investitionsoffensive für die Schieneninfrastruktur die zweite wichtige Stellschraube für eine moderne Verkehrspolitik. Viele westeuropäische Staaten haben bereits umgesteuert, schichten ihre Investitionen auf die Schiene um und können beachtliche Wachstumszahlen, z.B. im Schienenpersonenverkehr, vorweisen.
Weitere Informationen: Die OECD-Daten befinden sich in der Broschüre Trends in the transport sector 2010. Zu den Landverkehrsträgern zählt die OECD Schiene, Wasserstraße und Straße. Die hier zitierten Daten beziehen sich auf das Jahr 2008 und sind die aktuellsten Zahlen, die der OECD vorliegen. Zu den westeuropäischen Ländern zählt die OECD: Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Island, Irland, Luxemburg, Spanien, Schweden und Großbritannien.