Themen: Güterverkehr

„Aussetzungsdebatte verdreht die Realität“

Lkw-Lobby klagt über angebliche Maut-Abzocke

Berlin. Die Allianz pro Schiene warnt die Bundesregierung davor, dem Drängen der Transport-Lobby auf Aussetzung der Lkw-Maut bis Ende 2009 nachzugeben. Anlass des jüngsten Proteststurms der Branche sind Zahlen des Verkehrsministeriums, nach denen Spediteure für das erste Quartal des Jahres 2009 durchschnittlich 18,4 Cent statt der ursprünglich veranschlagten 16,3 Cent pro Kilometer bezahlt hatten. „Wer hier von Abzocke spricht, verdreht die Realität“, sagt der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. „Die Einnahmen aus der Lkw-Maut reichen gerade einmal, um die Wegekosten der schweren Lkw auf den Autobahnen zu finanzieren.“

Das Bundesverkehrsministerium hatte am Dienstag mitgeteilt, dass die Mauteinnahmen trotz des höheren Durchschnittspreises wegen der schwachen Konjunktur insgesamt hinter den Erwartungen zurückgeblieben seien. „Für eine Aussetzung gibt es also gar keinen Spielraum, weil die Einnahmen zu niedrig und außerdem schon fest verplant sind“, sagt Flege. Die 1,084 Milliarden Euro, die Spediteure durch die Mauterhöhung seit Jahresbeginn bezahlen mussten, fließen großteils wieder in die Verkehrsinfrastruktur zurück – 50 Prozent gehen in den Straßenbau, 38 Prozent landen bei der Schiene, 12 Prozent bleiben für die Binnenwasserstraßen.

Die Allianz pro Schiene kritisiert, dass sich die FDP-Fraktion im Bundestag inzwischen geschlossen hinter die Forderungen der Straßen-Lobby gestellt hat und ebenfalls eine Aussetzung der Mauterhöhung fordert. „Der Schienengüterverkehr leidet auch unter der Wirtschaftskrise, aber kein Politiker fordert, Güterzüge ohne Trassenpreis fahren zu lassen“, sagt Flege und erinnert daran, dass der Straßengüterverkehr auch nach der Mauterhöhung noch Wettbewerbs-Vorteile hat. „Lkws müssen nur auf Autobahnen zahlen. Die Bahnen zahlen für jeden Zug, im Güter- und im Personenverkehr – auch auf den Nebenstrecken. “ Für die Allianz pro Schiene steht damit fest, dass es an der Zeit wäre, über eine Ausweitung der Lkw-Maut zu diskutieren.

Nach Berechnungen der Allianz pro Schiene verursacht der Straßengüterverkehr in Deutschland jährlich 13 Milliarden Euro an ungedeckten Kosten, die der Volkswirtschaft aufgebürdet werden. Der jährliche Fehlbetrag entsteht durch Klimaschäden, Lärm, Unfälle und Gesundheitsschäden, die in der Summe um 13 Milliarden teurer sind, als alle Einnahmen aus Lkw-Maut, Mineralölsteuer und Kfz-Versicherung zusammen. Wollte man mit der Lkw-Maut auf Autobahnen den kompletten Fehlbetrag des Straßengüterverkehrs ausgleichen, müsste die Lkw-Maut von derzeit 18,4 Cent auf 65 Cent steigen. „Wer angesichts solcher Zahlen eine Mauterleichterung fordert, ist ein verkehrspolitischer Geisterfahrer“, sagt Flege.

Die Allianz pro Schiene ist das Bündnis in Deutschland zur Förderung des umweltfreundlichen und sicheren Schienenverkehrs. In dem Bündnis haben sich 16 Non-Profit-Verbände zusammengeschlossen: die Umweltverbände BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe und NaturFreunde Deutschlands, die Verbraucherverbände Pro Bahn, DBV und VCD, die Automobilclubs ACE und ACV, die drei Bahngewerkschaften TRANSNET, GDBA und GDL sowie die Eisenbahnverbände BDEF, BF Bahnen, VBB und VDEI. Die Mitgliedsverbände vertreten mehr als 2 Millionen Einzelmitglieder. Unterstützt wird das Schienenbündnis von 85 Unternehmen der Bahnbranche.