Themen: Infrastruktur

„Unverantwortlicher Sparkurs des Bundes“

Regierung kalkuliert mit 1.017 Kilometer stillzulegenden Schienenstrecken

Berlin. Die Bundesregierung bereitet ein groß angelegtes Stilllegungsprogramm für die Schieneninfrastruktur vor. Jährlich sollen 500 Millionen Euro weniger als bislang zugesagt für den Erhalt des Bundesschienennetzes bereit gestellt werden. Dies sieht die innerhalb der Bundesregierung abgestimmte „Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung“ zwischen Bund und Deutsche Bahn AG vor, über die heute die Koalitionsfraktionen im Bundestag beraten. Passend dazu können insgesamt 1.017 Kilometer Schienenstrecke in den kommenden fünf Jahren ohne finanzielle Konsequenzen für die DB Netz AG stillgelegt werden. „Für die mit der Netzbewirtschaftung beauftragte DB Netz AG ist das quasi das grüne Licht von der Bundesregierung, die Stilllegung von 1.017 Kilometer Schieneninfrastruktur zu beantragen“, kritisierte Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege am Dienstag in Berlin.

Dieser „unverantwortliche Sparkurs des Bundes“ gehe „völlig an den verkehrspolitischen Bedürfnissen und klimapolitischen Herausforderungen vorbei“. Flege: „Das Bundesfinanzministerium hat eine Klausel in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung durchgedrückt, nach der statt der ursprünglich vorgesehenen 2,5 Milliarden Euro nur noch 2 Milliarden Euro als Investitionszuschuss des Bundes bereit gestellt werden. Die fehlenden 500 Millionen Euro sollen nur noch als zusätzliches Darlehen bewilligt werden. Die Absenkung des jährlichen Zuschusses auf zwei Milliarden Euro bedeutet jedoch Stilllegung und Kapazitätsabbau im Bundesschienennetz. Der Bund plant ganz offensichtlich die Schrumpfbahn und dies, obwohl Politik und Bevölkerung seit Jahren mehr Verkehr auf der Schiene fordern.“

Der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer appellierte eindringlich an die Koalitionsfraktionen im Bundestag, „den Infrastrukturbeitrag des Bundes von 2 auf mindestens 2,5 Milliarden Euro Zuschuss aufzustocken und keine Klauseln zuzulassen, die betriebswirtschaftliche Anreize zu Netzschrumpfung und Kapazitätsabbau bieten“.

Die der Allianz pro Schiene vorliegende „Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung“ zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Infrastrukturtöchtern der DB AG vom 3. September 2008 ist noch nicht unterschrieben und soll zum 1. Januar 2009 in Kraft treten. Laut Vereinbarungstext wird der Infrastrukturbeitrag des Bundes in Höhe von jährlich 2 Milliarden Euro erst dann reduziert, wenn die Betriebslänge der bundeseigenen Eisenbahnstrecken den aktuellen Wert von 33.897 Kilometer „um mehr als 3 vom Hundert unterschreitet“.

Ohne die Zustimmung von Haushaltsausschuss und Verkehrsausschuss des Bundestages kann die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und DB-Infrastrukturtöchtern nicht in Kraft treten. Die Allianz pro Schiene forderte die Parlamentarier auf, „nur einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mit ausreichender Finanzausstattung und ohne Schrumpfbahnanreize“ zuzustimmen.

Die Allianz pro Schiene ist das Bündnis in Deutschland zur Förderung des umweltfreundlichen und sicheren Schienenverkehrs. In dem Bündnis haben sich 16 Non-Profit-Verbände zusammengeschlossen: die Umweltverbände BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe und NaturFreunde Deutschlands, die Verbraucherverbände Pro Bahn, DBV und VCD, die Automobilclubs ACE und ACV, die drei Bahngewerkschaften TRANSNET, GDBA und GDL sowie die Eisenbahnverbände BDEF, BF Bahnen, VBB und VDEI. Die Mitgliedsverbände vertreten mehr als 2 Millionen Einzelmitglieder. Unterstützt wird das Schienenbündnis von 81 Unternehmen der Bahnbranche.