Themen: Güterverkehr

Spediteure und Fahrer wollen keine Riesen-Lkw

Gigaliner spaltet die Lkw-Branche

 

Berlin. Während das Bundesverkehrsministerium gegen das Nein der Mehrheit der Bundesländer an Gigaliner-Testfahrten festhält, fehlt dem Vorhaben sogar in der Lkw-Branche zunehmend der Rückhalt. Die Gewerkschaft Verdi, die viele Lastwagenfahrer vertritt, und Spediteure kritisierten das Konzept Riesen-Lkw als mittelstands- und arbeitnehmerfeindlich. „Keiner in Deutschland will den Monstertruck – nur eine Handvoll Großspeditionen und ein paar Hersteller“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Freitag in Berlin.

Die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende, Andrea Kocsis, warnte davor, dass die Arbeitsbelastung der Lkw-Fahrer durch den Einsatz von überlangen Lastwagen weiter steigen werde. „LKW-Fahrer haben eine hohe Verantwortung. Schon heute ist der Druck riesengroß. Mit dem Gigaliner noch einen oben drauf satteln zu wollen, ist fahrlässig“, sagte Kocsis. Um den Arbeits- und Gesundheitsschutz sei es in der Transportbranche nicht zum Besten bestellt. Der enorme Preisdruck im Straßengüterverkehr führe schon jetzt dazu, dass Fahrer systematisch zur Selbstausbeutung gezwungen seien. „Wenn das Bundesverkehrsministerium von den Riesen-Lkw mehr Effizienz erwartet, ist das eine Effizienzsteigerung auf den Knochen der Fahrerinnen und Fahrer“, bilanzierte Kocsis.

Auch Spediteure übten Kritik am Kurs des Verkehrsministeriums. „Der Gigaliner ist mittelstandsfeindlich“, sagte der geschäftsführende Gesellschafter der Spedition Paneuropa Rösch, Jürgen Muhle. Innerhalb der Branche werde es einen harten Verdrängungswettbewerb zwischen großen und mittleren Speditionen geben. Sein Unternehmen habe für umweltfreundlichen Transport schon mehrfach Umweltpreise gewonnen, etwa indem Paneuropa Rösch seine Kühl-Lkw die lange Strecke auf der Schiene zurücklegen lässt. „Mit den Riesen-Lkw-Testfahrten schlägt die Politik die genau entgegengesetzte Richtung ein: Wer Straße und Schiene verknüpft hat, der fühlt sich jetzt verschaukelt“, sagte Muhle.

Olaf Krüger, Vorstandsvorsitzender der Interessengemeinschaft der Bahnspediteure (IBS) beklagte, dass der Gigaliner-Testlauf die Verkehrsträger Straße und Schiene gegeneinander ausspiele anstatt an ihrer Verknüpfung zu arbeiten. Krüger rechnete vor, dass flächendeckend betriebene Riesenlastwagen den Straßentransport um 25 Prozent verbilligen würden. Auch für den Einzelwagenverkehr auf der Schiene sei dies existenzbedrohend. „In den Niederlanden und in Dänemark gibt es keinen Einzelwagenverkehr mehr. Dafür fahren Riesenlastwagen flächendeckend im Echtbetrieb.“

Die Allianz pro Schiene kritisierte, dass der bahnfeindliche Riesen-Lkw vom Steuerzahler teuer bezahlt werden müsse. „Unsere Infrastruktur ist für überlange Lastwagen nicht geeignet“, sagte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Flege. Kreisverkehre, Parkplätze und Bahnübergänge seien nicht auf 25 Meter ausgelegt, Tunnel müssten an die höhere Brandlast angepasst werden, sagte Flege. „Einige wenige Profiteure wollen uns weismachen, dass längere Lkw effizient, umweltfreundlich und sicher seien. Doch das Gegenteil hat sich inzwischen sogar in der Straßengüterverkehrsbranche herumgesprochen: Gigaliner sind teuer, umweltschädlich und gefährlich.“