Stolpe bislang "auf ganzer Linie enttäuschend"

Allianz pro Schiene zieht verkehrspolitische Zwischenbilanz:

Bislang „auf ganzer Linie enttäuschend“ für die Schiene – so lautet das Urteil der Allianz pro Schiene zur Verkehrspolitik der Bundesregierung in dieser Wahlperiode. Mit Ausnahme der Gleisanschlussförderung habe Rot-Grün noch nichts von den Maßnahmen zur Stärkung der Schiene umgesetzt, die in der Koalitionsvereinbarung angekündigt seien. Im Gegenteil: „Das Einzige, womit Verkehrsminister Stolpe in Erscheinung tritt, ist das drastische Zusammenstreichen der Schieneninvestitionen“, kritisierte der Vorsitzende Norbert Hansen. Hansen appellierte an Stolpe, am 4. Juni im entscheidenden Gespräch mit Finanzminister Eichel dafür zu sorgen, dass die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur wieder aufgestockt werden. „Von den 450 Millionen Euro, die in den nächsten Jahren noch für Neu- und Ausbau des Gleisnetzes bleiben werden, kann die Bahn gerade mal ein paar Signalanlagen bauen“, so der Allianz pro Schiene-Vorsitzende. Dabei ignoriere die Allianz pro Schiene nicht die Sparzwänge des Bundes. Die Bundesregierung könne sich jedoch „nicht mit ihren Finanznöten rausreden“, denn sie bleibe auch da verkehrspolitisch untätig, wo „Geld in die Kassen zu spülen wäre“, wie beim Abbau der Steuerbefreiungen des Flugverkehrs. Allerdings müsse die Opposition den „verkehrspolitischen Stillstand“ zum Teil mitverantworten. Norbert Hansen: „Die gleiche Union, die lautstark den Subventionsabbau fordert, hat im Bundesrat das rot-grüne Vorhaben ausgebremst, die Mehrwertsteuerbefreiung für grenzüberschreitende Flüge aufzuheben.“

An dem „auch von einer breiten Öffentlichkeit nur noch mit Spott verfolgten“ Scheitern der LKW-Mauteinführung sei laut Hansen zwar vor allem das Konsortium aus DaimlerChrysler und Telekom schuld, doch habe Verkehrsminister Stolpe beim Krisenmanagement „alles andere als geglänzt“.

In der negativen Einschätzung der rot-grünen Verkehrspolitik sind sich die in der Allianz pro Schiene zusammengeschlossenen 17 Non-Profit-Organisationen und 51 Wirtschaftsunternehmen weitgehend einig, wie eine verbandsinterne Umfrage ergab. 80% der Allianz pro Schiene-Mitglieder sind mit der Verkehrspolitik der Bundesregierung unzufrieden und bewerten sie schlechter als in der letzten Wahlperiode. „Unsere Mitglieder sind enttäuscht und empört über die aktuelle Verkehrspolitik“, beschreibt Geschäftsführer Dirk Flege die Stimmung der Schienenbranche. Für die erste Amtszeit von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sei die verkehrspolitische Bilanz der Allianz pro Schiene positiv ausgefallen, doch in der zweiten Wahlperiode „warten wir noch auf Erfolgsmeldungen“, so Flege.

Flege verwies auf das Vorbild anderer europäischer Länder, die ihre Verkehrs- und Investitionspolitik mit klaren Prioritäten zugunsten der Schiene ausrichten. „Verglichen mit unseren Nachbarn in Frankreich, Österreich und Schweden droht Deutschland zum Schlusslicht in punkto Schieneninvestitionen zu verkommen“, so der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. Während in Deutschland in den nächsten Jahren nur 37 Euro pro Einwohner jährlich in die Schiene investiert werden sollen, liegt dieser Wert beispielsweise in Frankreich bei 58 Euro und in Österreich sogar bei 133 Euro. Beide Länder investieren dabei im Gegensatz zu Deutschland deutlich mehr in die Schiene als in die Straße und können beeindruckende Zuwächse in der Schienenverkehrsleistung vorweisen.

Die Allianz pro Schiene e.V. ist das einzige breite Bündnis für die Schiene. Dem im Jahr 2000 gegründeten Verband gehören mittlerweile 17 Mitglieder und 51 Fördermitglieder aus der Wirtschaft an. Der einzigartige Zusammenschluss aus Non-Profit-Organisationen und Wirtschaftsunternehmen repräsentiert den gesamten Schienenverkehr und die wichtigsten Unterstützer: Umweltverbände, Fahrgastorganisationen, Gewerkschaften und Berufsverbände, sowie Eisenbahnunternehmen, Bahnindustrie, Zulieferbetriebe, Baufirmen, Berater und Finanzdienstleister.