Selbstbewusst gegen Störenfriede

Es geht doch nichts über eine ruhige, entspannte Bahnfahrt, auf der man sich einfach zurücklehnen und aus dem Fenster gucken kann. Leider klappt das nicht immer. Im Regionalzug zwischen Coesfeld und Essen beschallen Fahrgäste das ganze Abteil mit ihrer Musik. Der Streit eskaliert, und Zugbegleiter Sebastian Rösner ist mit Lokführer Andreas Immekeppel auf einmal mittendrin.

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Herr Immekeppel, Herr Rösner – da muss es ja ordentlich zur Sache gegangen sein an Bord. Was genau ist passiert?

Andreas Immekeppel: Ja, also es war ein ziemlich heißer, stickiger Sommertag. Die Menschen an Bord hatten eh schon eine relativ kurze Zündschnur. Im Abteil hinter mir waren massive Randale. Und als ich mich umdrehte, sah ich einen Fahrgast mit blutgetränktem T-Shirt.

Uff, das sieht man ja zum Glück auch nicht jeden Tag.

Sebastian Rösner: Ja, das sah ziemlich unschön aus. Der blutende Fahrgast hatte eine aufgeplatzte Nase und eine aufgeplatzte Lippe. Dem habe ich erst mal geholfen, habe ihn verarztet und mir dann Andreas Immekeppel zur Verstärkung gerufen, damit wir die Störenfriede aus dem Zug rausbekommen.

Andreas Immekeppel: Genau, und dann habe ich die beiden Streitparteien voneinander getrennt. Natürlich wollte keiner schuld sein, ist ja immer so, dass natürlich nur „Unschulds- lämmer” an solchen Auseinandersetzungen beteiligt sind. Ich hab mich dann entschieden, vier dieser „Unschuldslämmer” an die frische Luft zu setzen, damit die mal ein bisschen ausdünsten können.

Steckbrief

Andreas Immekeppel und Sebastian Rösner

Unternehmen: RheinRuhrBahn (transdev)
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Einsatzgebiet: Essen − Borken

Hatten Sie keine Angst, dass Sie in dem Gerangel selber verletzt werden?

Sebastian Rösner: Mein erster Gedanke war wirklich dem Menschen zu helfen, der da gerade geschlagen wurde und blutete. Man muss in solchen Situationen einfach selbstbewusst auf Menschen zugehen können. Denn Auseinandersetzungen zwischen Fahrgästen kommen leider gar nicht so selten vor.

Andreas Immekeppel: Angst hatte ich auch nicht. Das gehört einfach dazu. Es ist ja unsere Aufgabe, für Sicherheit zu sorgen. Also habe ich im nächsten Bahnhof die Tür aufgemacht und die relativ muskulösen, gut gebauten Herren vor die Tür gesetzt. Die Tür ging wieder zu, und die standen relativ verdutzt auf dem Bahnsteig. Für den Rest des Zuges ging es dann friedlich weiter.

Eisenbahner mit Herz 23: Andreas Immekeppel und Sebastian Rösner

Klingt so, als wären Sie beide die perfekte Besetzung auch für schwierige Situationen. Haben Sie immer in der Bahnbranche gearbeitet?

Andreas Immekeppel: Nein, gar nicht. Ich habe mit über 50 Jahren als Dozent an einer Hochschule aufgehört, um Eisenbahner zu werden. Ich wollte das eigentlich früher schon, dann habe ich es einfach gemacht. Und es ist toll, weil wirklich jeder Tag anders ist. Manchmal sorgen die Fahrzeuge für kreative Abwechslung, mal die Fahrgäste oder auch die Kollegen. Es ist ein Zusammenspiel von vielen Zahnrädern, und es wundert mich jedes Mal und freut mich, wenn die Zahnräder tatsächlich auch die Maschine nach vorne bewegen.

Sebastian Rösner: Ich habe vorher in der Gastronomie gearbeitet, das war ein sehr stressiger Job. Ich habe immer gerne Kontakt zu anderen Menschen gehabt und wollte den auch weiterhin haben. Freunde und Bekannte haben mich auf die Idee gebracht, zur Eisenbahn zu gehen. Und das habe ich bis heute nicht bereut. Die Auszeichnung ist jetzt eine schöne Bestätigung dafür, dass meine Kollegen und ich einen guten Job machen.

Vielen Dank an Sie beide für Ihren Einsatz! Und ganz herzlichen Glückwunsch, dass Sie jetzt zu unseren Eisenbahnern mit Herz gehören.