Auf einer Fahrt nach Neuss erlebt die Bahnreisende Yasmin Theile einen multikulturell versierten Einsatz des National Express-Zugbegleiters Sadik Tubay. Bei der Fahrkartenkontrolle fragt er eine junge Frau nach ihrem Ticket. Sie kann es nicht vorzeigen, aber wiederholt immer wieder das Wort „husband“. Sadik Tubay versucht es auf Deutsch und auf Englisch, aber beides beherrscht die Reisende nicht. Statt die Frau aus dem Zug zu weisen, erkundigt sich der Zugbegleiter bei den Fahrgästen, ob einer etwas von diesem „Ehemann“ mitbekommen habe. Ein Mann berichtet, dass die Frau in Münster eingestiegen sei. Vor ihrem Mann hätten sich die Türen geschlossen. Inzwischen hat Tubay herausgefunden, dass die Frau Afghanin ist. Er geht durch den Zug auf der Suche nach einem Dolmetscher. Als der dann gefunden ist, kann Sadik Tubay einen Treffpunkt für die Eheleute vereinbaren. Yasmin Theile ist beeindruckt. „Ich fand seinen Einsatz wirklich klasse. Er hat sich die Zeit genommen, die Lage wirklich zu verstehen.“
Yasmin Theile (Köln)
„Das Thema Flüchtlinge beschäftigt die Bahnkunden. Häufig spielen dabei Sprachbarrieren eine Rolle. Der Zugbegleiter Sadik Tubay geht damit geistreich und kreativ um. Statt die Frau ohne Sprache und ohne Fahrkarte als Schwarzfahrerin hinzustellen, besorgt er sich einen Dolmetscher. Als ihm klar wird, dass die Reisende unterwegs ihren Mann verloren hat, bestimmt er einen Treffpunkt für beide. Silber für einen Eisenbahner, den keine Sprachgrenze aufhält.“
Herr Tubay, haben Ihre Freunde Sie schon mal einen Frauenversteher genannt?
Das kriege ich wirklich zu hören. Ich glaube nämlich, dass Frauen mehr Hilfe brauchen als Männer.
Haben Sie deshalb so einfühlsam reagiert, als Ihnen die Reisende ohne Fahrkarte begegnet ist?
Ich wusste einfach, dass diese Frau nicht lügt. Sie war in Panik. Sie wusste nicht, was jetzt mit ihr geschieht. Da habe ich ihr erstmal klargemacht: „Keine Angst. Ich bin da, um Ihnen zu helfen.“ Das hat sie sogar verstanden, ohne dass ich es ihr sagen konnte.
Wie viele Sprachen sprechen Sie?
Ich bin in Deutschland geboren, aber kurdisch ist meine Muttersprache. Da meine Familie aus der Türkei stammt, spreche ich außerdem türkisch. Und englisch. Und ein paar Brocken arabisch.
Ganz ordentlich. Brauchen Sie das alles auf dem Zug?
Natürlich. Gerade auf dem Zug. Wenn zum Beispiel syrische Flüchtlinge bei uns mitfahren, dann spreche ich die auf kurdisch an. Gerade wenn Kinder dabei sind, dann kriegen die leuchtende Augen. Mitten in Deutschland, und auf einmal spricht der Zugbegleiter ihre Heimatsprache.
Müssen Sie häufiger helfen?
Durchaus. Zum Beispiel erzählen sie, dass einer von ihnen immer „aufgeschrieben“ wird.
Als Schwarzfahrer?
Genau. Und sie wollen wissen, was mit dem „Kollegen“ passiert. Oder die Kinder: Die fragen mich, was sie tun müssen, um einmal so zu sein wie ich. Weil ich ihnen Kinderfahrkarten gebe und sie abknipsen lasse, wollen die alle später Zugbegleiter werden. Ich habe das Gefühl, dass diese Leute oft keinen haben, der ihnen einfach mal die Dinge erklärt.
Leute von der Security sind eigentlich nicht dafür bekannt, dass sie gerne und gut erklären.
Deshalb habe ich ja auch die Branche gewechselt. Als Zugbegleiter müssen Sie vor allem gut sein im Reden und im Verstehen.
Wie fühlt es sich an, dass Sie genau deshalb „Eisenbahner mit Herz“ geworden sind?
Wie bitte? Meine Chefs haben nur gesagt, dass ich nominiert bin.
Herr Tubay, Sie gehören zu den Siegern.
Wirklich? Das ist ja nicht zu fassen. Mann, das macht mich richtig stolz.