Zwei Männer geraten in einem Zug bei Halle in Streit um eine Frau. Die Zugbegleiterin Maria Voigt kontrolliert die Fahrkarten, da sticht einer der Männer mit dem Messer auf den anderen ein. Voigt informiert den Lokführer und versucht, die Streitenden zu trennen. Als auch die Begleiterin des Opfers Stichwunden erleidet, leistet Voigt erste Hilfe. Sie kümmert sich um die Evakuierung der Fahrgäste und ist Ansprechpartnerin für die Polizei. Lokführer Dirk Otte fürchtet, seine Kollegin könnte ebenfalls verletzt sein und eilt zum Tatort. Auch er leistet erste Hilfe. Augenzeugin Clara Münzner ist voll des Lobes: „Das Bahnpersonal hat hervorragend reagiert. Der Zug hielt so schnell wie möglich. Die Fahrgäste wurden sofort nach draußen geschickt. Dabei bewahrten die beiden Mitarbeiter jederzeit die Ruhe. Für beide war der Vorfall sichtlich belastend. Also: Großes Lob an Maria Voigt und Dirk Otte für ihr besonnenes Handeln!“
Clara Münzner (Leipzig)
„Gewalt gehört leider zum Berufsalltag der Eisenbahner in Deutschland: Keiner von uns weiß, wie er in solch einer Ausnahmesituation reagieren würde. Die beiden Abellio-Mitarbeiter wissen es. Polizeiprotokolle belegen, dass Maria Voigt und Dirk Otte trotz Lebensgefahr vorbildlich für die Verletzten dagewesen sind. Während des blutigen Zwischenfalls brach bei den Fahrgästen keine Panik aus: Auch weil das Zugpersonal die Ruhe bewahrte. Das verdient Gold. Der Preis ist auch eine Anerkennung für alles, was Maria Voigt und Dirk Otte durchlitten haben.“
Herr Otte, Sie sind auf die Messerstecher losgegangen und haben versucht, die beiden zu trennen. Dürfen wir Sie einen Helden nennen?
Otte: Sagen Sie lieber: „leichtsinnig“. Das hat nämlich meine Frau zu mir gesagt.
Aber Sie waren doch in Sorge um Ihre Kollegin Maria Voigt.
Otte: Das stimmt. Nach Marias Notruf schaute ich durch den Zug und sah ganz hinten etwas Graues am Boden liegen. Da dachte ich: „Das war’se.“ Als ich dann näher kam und die beiden Männer voneinander wegziehen wollte, da hielt mir der Angreifer sein Messer vor die Nase.
Und Sie haben dann die Abteiltür zugehalten?
Damit der nicht noch auf die Fahrgäste losgeht. Aber die ganze Brutalität der Situation habe ich erst später richtig verstanden. Als die Polizei mir das Video gezeigt hat.
Frau Voigt, haben Sie das Video auch schon gesehen?
Voigt: Nein, ich war jetzt zehn Wochen lang krank geschrieben und bin gerade erst wieder im Dienst.
Wie haben Sie den Vorfall verkraftet?
Voigt: Ich wusste schon nach einer Woche, dass ich wieder auf die Schiene zurück will. Aber die Auszeit habe ich gebraucht. Ich hatte Albträume und Angstzustände, das hat mich selber überrascht.
Und jetzt sind Sie beide „Eisenbahner mit Herz“.
Voigt: Das war nicht der Plan. Aber ich nehme es als großes Kompliment. Manchmal denke ich sogar: Es ist gut, dass es mich getroffen hat. Ich weiß jetzt, dass ich in Notlagen die Ruhe bewahre. Und dass unser Beruf gefährlich werden kann, das wusste ich von Anfang an.
Wie haben die Fahrgäste reagiert?
Voigt: Sehr besonnen. Alle haben ohne Murren den Zug verlassen, als ich ihn evakuiert habe. Und keiner hat Handy-Aufnahmen vom Tatort gemacht. Das fand ich bemerkenswert. Dabei waren das durchaus starke Bilder: Auf dem Bahnsteig lag Schnee und der war voller Blut.
Was ist mit den Verletzten geschehen?
Voigt: Die Kripo hat uns gesagt, dass alle überlebt haben. Auch die schwangere Frau, um die sich der Streit der beiden Männer wohl gedreht hat. Der Messerstecher sitzt jetzt natürlich in Untersuchungshaft.
Herr Otte, Sie haben eine Beziehungstat auf dem Zug erlebt. Eine Frau, zwei Männer, ein Messer. Und die Kollegin mittendrin. Würden Sie persönlich auch zur Gewalt neigen, wenn es um Ihre Frau und einen anderen Mann geht?
Otte: Ich wäre viel schlimmer. Ich würde meiner Frau sofort das Handy sperren.