Gold: Dylan Bevers

Goldmedaille für Dylan Bevers

Smarter Kontrolleur

Dylan Bevers (24) ist der jüngste Eisenbahner mit Herz, den die Jury jemals aufs Podest geschickt hat. Erst seit zweieinhalb Jahren arbeitet der gebürtige Bremer mit niederländischen Wurzeln als Zugbegleiter für die NordWestBahn. Vielleicht weil er schon als Kind mit einer Lego-Eisenbahn gespielt hat, wollte er zunächst den Beruf des Lokführers lernen. Doch noch während der Ausbildung bei DB Schenker Rail hat er diese Wahl als Irrweg erkannt: „Zuwenig Menschenkontakt“, sagt der junge Mann, der seinen Titel mit Freude und genausoviel Selbstbewusstsein trägt. „Eisenbahner mit Herz: Da arbeiten viele drauf hin. Also? Ziehe ich vor mir den Hut.“

Die Würdigung der Jury

Gold für den Menschenkenner und Kundenfreund

Die Fahrkartenkontrolle gehört beim Bahnfahren zu den größten Stressfaktoren für die Fahrgäste: Zugbegleiter, die ungerührt warten, während der Reisende verzweifelt in der Tasche kramt, das kennt jeder Monatskarteninhaber aus eigenem Erleben. Und faktisch ist der „Kontrolleur“ alter Schule sogar im Recht: ein Fahrgast, der seine Siebensachen samt Ticket nicht zur Hand hat, ist ein Schwarzfahrer. Selbst wenn er „nur“ ein Opfer der eigenen Vergesslichkeit ist.

Umso vorbildlicher die Handlungsweise von Dylan Bevers: seine Menschenkenntnis sagt ihm, dass die Frau ihn nicht hinhält. Er lässt sie in Ruhe suchen und nimmt so den Druck aus der Situation. Und zuletzt bringt er das verlorene Portemonnaie auch noch zurück: Mehr Hilfe geht in dieser Situation nicht. Der Einsender ist begeistert, die Jury ist es auch.

Das Interview

„Vom Sicherheitsmann bis zum Seelsorger“

Herr Bevers, wenn Sie mit 24 schon „Eisenbahner mit Herz“ sind, was soll bis zur Rente noch kommen? Wollen Sie am Ende Bahnchef werden?
Bahnchef? Nein, das steht nicht auf meiner Agenda. Und bis zur Rente habe ich mein Leben auch noch nicht durchgeplant. Aber der Beruf des Zugbegleiters ist fordernd genug. So schnell wird einem da nicht langweilig.

Was müssen Sie denn so alles bewältigen?
Auf dem Zug mache ich das volle Programm, vom Sicherheitsmann bis zum Seelsorger. Neben all den vielen angenehmen Kontakten gibt es eben auch mal richtigen Stress. Wenn Graffiti-Sprayer während der Fahrt den Zug besprühren oder Fahrgäste ausfallend reagieren, bin ich zur Stelle. Wenn einer meiner Stammgäste gerade in einer Trennung steckt, habe ich immer ein offenes Ohr.

Und was machen Sie in solchen Situationen?
Augenkontakt suchen. Augenkontakt halten. Bis er lächelt.

Sind Schwarzfahrer ein Problem?
Manchmal ja. Glücklicherweise ist es selten, aber ich habe selbst schon Übergriffe erlebt. Ein Schwarzfahrer hat mir zum Beispiel nach der Kontrolle im Bahnhof aufgelauert.

Hatten Sie Angst?
Ich bin kein ängstlicher Typ. Und ich vertraue meinem Gewissen. Meistens lässt sich die Situation wieder beruhigen, wenn man einen kühlen Kopf behält. Heute grüßt mich der Mann, wenn ich ihn in der Bahn treffe.

Die Reisende, die ihr Portemonnaie nicht finden konnte, war keine Schwarzfahrerin. Woher wussten Sie das?
Menschenkenntnis. Die Mimik eines Schwarzfahrers ist anders. Er ist auch auf andere Weise nervös, als die Kundin mit der verlorenen Monatskarte. Die war völlig aufgelöst, weil wichtige Dokumente in ihrer Börse steckten. So etwas sehe ich sofort.

Aber Sie haben noch mehr getan: Sie haben Ihr Smartphone gezückt und die Recherche gestartet. Wie schnell sind Sie mit dem Gerät?
(Zieht sein Smartphone) Sehr schnell.

Ihr Einsender hat einen Satz von Ihnen aufgeschrieben: „Wir sind nicht hier, um Probleme zu schaffen, sondern um sie zu lösen.“
Dafür bin ich angetreten, das ist tatsächlich mein Motto. Probleme haben die Leute von alleine. Dazu brauchen sie uns nicht.

Verbraucherschutzminister Heiko Maas wird die Laudatio auf Sie und Ihre beiden Mitsieger halten. Wenn Sie ihm einen Hinweis für seine Arbeit geben könnten, was würden Sie ihm sagen?
Ich würde sagen: „Herr Minister, Sie sollten in Ihrem Amt mit vollem Herzen dabei sein.“

Die Nominierung

„Ich bin immer noch begeistert“

„Ich bin immer noch begeistert: Juli 2013. Unmittelbar nach Abfahrt der Regio-S-Bahn von Bremen Hauptbahnhof begann die Ticketkontrolle. Eine Dame wollte dem Prüfer die Fahrkarte zeigen und suchte in ihrer Tasche nach dem Portemonnaie. Dieses fand sie aber nicht und war ziemlich aufgeregt. Der Prüfer sagte, sie solle in Ruhe suchen und er käme gleich zurück. Die Dame leerte den gesamten Inhalt der Tasche auf dem gegenüberliegenden Sitz. Das Portemonnaie war nicht auffindbar.

Der Prüfer kehrte zurück und die Dame erklärte ihm, dass ihre Geldbörse inklusive Monatsticket nicht mehr in der Tasche sei. Zudem, dass sie in Eile vorher noch einkaufen war. Und nun kommt es: Zitat Prüfer: „Wir sind ja hier, um Probleme zu lösen und keine zu schaffen“. Das bedeutete, dass er mit Hilfe der Namensnennung des Geschäftes mit einem Mobilgerät die Telefonnummer des Geschäftes herausfand. Er wählte die Nummer und übergab der Dame das Gerät zum Telefonat.

Ergebnis: Das Portemonnaie befand sich noch im Geschäft (sie hatte es dort vergessen). Der Prüfer ließ sich telefonisch erklären, dass sich ein Monatsticket darin befindet. Damit war die Sache erledigt. (…) , der Prüfer erkannte, dass die Kundin keine Schwarzfahrerin ist und die Dame war überglücklich.

Nach meiner Wahrnehmung hat der sehr nette Prüfer (jung, blonde Haare, sehr gepflegtes Erscheinungsbild) deutlich souverän und äußerst kundenorientiert reagiert.“

Peter P. Buschmann (Bremen)