Als die Vorväter des Unternehmens Jacobs Douwe Egberts (JDE) 1993 den Kaffeetransport von der Straße auf die Schiene verlagerten, bestimmte die Klimadebatte weder Schlagzeilen noch Transportentscheidungen. Ihnen ging es in erster Linie darum, die Kaffeebohnen möglichst effizient von Bremen nach Berlin zu liefern. Und so kamen sie zu dem Entschluss, ihr Werk in Berlin im Stadtteil Neukölln mit einem eigenen Gleisanschluss auszustatten. Eine hervorragende Entscheidung und eine echte Zukunftsinvestition, so Stefan Scheidel, Leiter Rohkaffee Logistik bei JDE: „Der Transport auf der Schiene ist für uns immer noch die günstigste Variante, den Rohkaffee in unser Werk nach Berlin Neukölln zu liefern. Dass wir dabei auch noch komplett CO2 frei unterwegs sind, passt perfekt zu unserer Unternehmensphilosophie. Wir übernehmen gerne Verantwortung für die Umwelt und die Gesellschaft. Manchmal ist das sogar einfacher als gedacht. Allein durch den Bahntransport sparen wir jedes Jahr 3.000 Tonnen CO2.“
Per Schiff kommt der Kaffee aus Übersee nach Hamburg oder Bremerhaven. Mit der Bahn oder dem Binnenschiff geht es dann weiter zum Lager in Bremen. Hier wird der Rohkaffee zwischengelagert und die Qualität der Bohnen geprüft. Im Nachtsprung geht es mit DB Cargo AG zur Weiterverarbeitung ins Werk Berlin-Neukölln. Für die letzte Meile, die ebenfalls auf der Schiene zurückgelegt wird, ist dann die Industriebahngesellschaft Berlin verantwortlich. Im betriebseigenen Umschlagbahnhof werden die vollen Container gegen leere getauscht. „Der Bahntransport erspart uns viel Verwaltungsarbeit. Würden die Bohnen per Lkw kommen, müsste sich jeder einzelne Fahrer beim Pförtner melden. Für den Zug bekommen wir einmal einen Lieferschein – und fertig“, erklärt Scheidel. Darüber freuen sich auch die Anwohner, denn das Industriegebiet in Neukölln, in dem sich das Kaffeewerk befindet, ist nahe an einem Wohngebiet gelegen. „Unser Schienentransport erspart den Anwohnern 5.000 Lkw-Fahrten im Jahr“.
In 20 Jahren hat sich auch beim Schienentransport einiges getan. Während in den 90er Jahren pro Woche zwei bis drei komplette Kaffee-Züge nach Berlin fuhren, werden heute täglich mehrere Container angeliefert. „Die tägliche Lieferung ist viel bedarfsgerechter. So bekommt Berlin immer genau die Menge, die benötigt wird.“, ergänzt Logistikleiter Scheidel. Dahinter steht das DB-Konzept Netzwerkbahn: Die JDE-Güterwagen werden mit anderen Waggons zu einem ganzen Güterzug zusammengeführt.
Auch nach 20 Jahren bereut Jacobs Douwe Egberts den Schritt, Kaffee auf der Schiene zu transportieren, an keinem Tag. Trotzdem tauchen auf der Stirn der Logistiker ein paar kleine Sorgenfalten auf, wenn sie von ihrem Gleisanschluss erzählen. Denn während der Bund neue Gleisanschlüsse oder eine Erhöhung der Fördermenge im Rahmen der Gleisanschlussförderung finanziell unterstützt, wird die Instandhaltung bestehender Gleisanlagen jedoch nicht bezuschusst. „Da würde ich mir von Seiten der Politik schon etwas mehr Unterstützung wünschen. Ein Unternehmen muss seine Zufahrtsstraßen schließlich auch nicht mit eigenen Mitteln erneuern.“, sagt Scheidel. Insgesamt rät der Logistikleiter jedem Unternehmen, eine Transportverlagerung in Betracht zu ziehen. „Es gibt heutzutage mehr Möglichkeiten als man denkt. Man muss sich nur intensiv damit beschäftigen und die Vor- und Nachteile für das eigene Unternehmen abwägen.“ Am besten über einer dampfenden Tasse Kaffee.
Produkt | Rohkaffee |
Verlagerte Tonnage | Entspricht 5.000 Lkw-Fahrten jedes Jahr |
Unternehmen | Jacobs Douwe Egberts |
Motivation für Verlagerung | CO2-Einsparung, Kostenersparnis, Vereinfachung der Abläufe |
Verlagerungszeitpunkt | 1993 |
Strecke | Von Bremen-Holzhafen nach Berlin-Neukölln |
Streckenlänge | 400 km |
Transportunternehmen | DB Cargo AG |
Dieses Logistik-Portrait ist Teil des Projekts „Klima Dialog: Mehr Klimaschutz mit Schienenverkehr“