Themen: Infrastruktur

„Deutliche Aufstockung ist bitter nötig“

LuFV: Vertrag zum Netzerhalt im Verkehrsausschuss

Gute Zeiten fürs Netz: Der Bund zahlt mehr, die DB zahlt mehr und die Qualität soll messbar steigen. Das sieht der LuFV-Entwurf jedenfalls vor. Die Allianz pro Schiene empfiehlt Zustimmung. (Foto: iStockphoto.com/strongerthanbefore)

Berlin, den 5. November 2014. Angesichts der dramatisch unterfinanzierten deutschen Infrastruktur begrüßt die Allianz pro Schiene, dass Bundesverkehrsministerium und Deutsche Bahn sich auf eine deutliche Aufstockung der Mittel für den Erhalt des Bundesschienennetzes verständigt haben. „Den jetzt ausgehandelten Vertragsentwurf für das deutsche Bestandsnetz sehen wir als Eingeständnis des Bundes, dass die Mittel in den vergangenen Jahren den Bedarf nicht gedeckt haben“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Mittwoch in Berlin. Während der öffentlichen Anhörung im Verkehrsausschuss des Bundestags empfahl die Allianz pro Schiene den Parlamentariern, dem Vertragswerk zuzustimmen.

Den staatlichen Infrastrukturbeitrag von durchschnittlich 3,9 Milliarden Euro pro Jahr, den die sogenannte „Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung“ (LuFV) zwischen Bund und Deutscher Bahn für den Zeitraum von 2015 bis 2019 festschreibt, nannte Flege „bitter nötig“. Zugleich gab er zu bedenken, dass der Bundesbeitrag nicht rein haushaltsfinanziert sei, sondern erst durch zusätzliche Dividendenzahlungen der Deutschen Bahn vollständig erreicht werde. „Grundsätzlich ist es sinnvoll, dass die Netz-Gewinne der Deutschen Bahn wieder ins Netz zurückfließen“, sagte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. „Dennoch hängt die Höhe der Dividende auch davon ab, ob die Politik zwischen den Verkehrsträgern einen fairen Wettbewerb ermöglicht. Das ist im Moment aber nicht der Fall.“

Video: Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, zur LuFV

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Flege erinnerte daran, dass die Bahnen eine ganze Reihe von Wettbewerbsnachteilen zu verkraften haben: Durch die jüngste Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist die umweltfreundliche Schiene gerade erst im Millionenhöhe zusätzlich belastet worden, während der Straßenverkehr keinen Beitrag zur Energiewende entrichtet. Für die Netznutzung zahlt jeder Zug auf allen Strecken Trassenmaut, während auf der Straße die Fernbusse völlig von der Mautpflicht befreit sind. Lastwagen müssen erst ab 12 Tonnen und auch nur auf Autobahnen und ausgewählten Bundesstraßen für die Straßennutzung zahlen. „Der neue Vertrag zwischen Bund und Deutscher Bahn stärkt das Prinzip der Nutzerfinanzierung. Gleichzeitig sinkt jedoch die Lkw-Maut“, sagte Flege. Angesichts des ehrgeizigen Vertrags zum Erhalt des Schienennetzes solle die Politik die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen auflösen, forderte Flege. „Andernfalls müsste der Bund einspringen und den Fehlbetrag aufstocken, wenn die Bahn die hohen Dividendenziele nicht erreichen kann.“

Die Allianz pro Schiene betonte, dass neben dem Netzerhalt auch der Neu- und Ausbau in Deutschland unterfinanziert sei. „Viele Europäer machen ihre Schienennetze gerade fit für die Zukunft, Deutschland droht hier den Anschluss zu verpassen“, sagte Flege. Nach einem EU-Ranking steckte Deutschland 2013 nur 54 Euro pro Bürger in den Ausbau seines Schienennetzes. Die Schweizer dagegen investierten 366 Euro pro Kopf. „Es gibt in der Politik derzeit Überlegungen, die Bundesmittel für Neu- und Ausbau zugunsten des Netzerhalts dauerhaft abzusenken“, sagte Flege. „Das ist überhaupt keine gute Idee.“

Ausdrücklich lobte die Allianz pro Schiene den Ansatz des Bundes, im aktuellen Vertrag strengere Kriterien festzulegen, an denen die Netzqualität zu messen ist. „Das schafft mehr Transparenz und damit Vertrauen“, sagte Flege. Um den Erhalt der Bundesschienenwege effizienter zu organisieren und die Netzqualität zu verbessern, hatte der Bund im Januar 2009 einen Systemwechsel vollzogen. Statt der bürokratischen Einzelverträge, die bisher üblich waren, trat eine „Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung“ (LuFV) über mehrere Jahre in Kraft. In diesem Rahmen stellte der Bund zunächst jährlich 2,5 Milliarden Euro für Investitionen ins Bestandsnetz zur Verfügung, ab 2013 stieg die Summe auf 2,75 Milliarden Euro. Im Gegenzug wurde die Deutsche Bahn dazu verpflichtet, klar definierte Ziele bei Netzverfügbarkeit und Infrastrukturqualität zu erfüllen und jedes Jahr Eigenmittel für die Instandhaltung und eigene Investitionen einzusetzen. Verletzungen dieser Verpflichtungen wurden sanktioniert. Der jetzt im Entwurf verhandelte Vertrag zwischen DB und Bund – in Fachkreisen „LuFV II“ oder „Folge-LuFV“ genannt – baut auf den Erfahrungen mit der „LuFV I“ auf und übernimmt das Grundprinzip: Der jetzt vorgelegte Vertragsentwurf sieht strengere Qualitätskriterien vor, und beide Vertragspartner erhöhen ihren Mittelanteil.