Billiger Bypass überdeckt Löcher im Schienennetz

Fernbusse: Verzerrter Wettbewerb statt Wahlfreiheit

 

Berlin. Der heute vom Kabinett gebilligte Gesetzentwurf zur Öffnung des Fernbusverkehrs verfehlt nach Ansicht der Allianz pro Schiene das selbstgesteckte Liberalisierungs-Ziel. „Die Eisenbahn muss sich vor einem fairen Wettbewerb im Fernverkehr nicht fürchten. Aber die Pläne von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer sehen vor, den Fernbus von der Maut zu befreien und künstlich billig zu halten, während jeder Zug selbstverständlich Schienenmaut bezahlen muss“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, in Berlin. „Ein systematisch verzerrter Wettbewerb wird uns von der Regierung als überfällige Befreiung des Verkehrsmarktes von historischen Fesseln verkauft.“ Die Allianz pro Schiene kritisierte auch, dass dem Reisenden mehr Wahlfreiheit vorgespiegelt werde, während der Bus in Wirklichkeit als „Billigheimer-Angebot ohne Fahrgastrechte“ angelegt worden sei.

In der Debatte um mögliche „Kannibalisierungseffekte“ zwischen Schiene und Fernbus, die das Verkehrsministerium in der Vergangenheit verharmlost, jetzt aber erstmals offen eingeräumt hat, beklagte die Allianz pro Schiene einen Mangel an wissenschaftlicher Begleitung. „Statt die Effekte vorher zu prüfen, zündet man das Haus an und schaut zu, ob es schnell oder langsam brennt“, beklagte Flege und verwies auf eine einzige kleine Schubladen-Studie im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums: Danach waren Intraplan Consult und die Beratergruppe Verkehr + Umwelt (BVU) schon im Herbst 2010 zu dem Schluss gekommen, dass 60 Prozent der Nutzer künftiger Fernbusangebote von der Eisenbahn kämen. Nur 20 Prozent würden vom Pkw auf den Bus wechseln, weitere 20 Prozent würden ohne Fernbus die Reise unterlassen. „Das Fernbus-Gesetz ist in seiner jetzigen Form ganz klar ein Gesetz zulasten der Eisenbahn“, sagte Flege.

Die Allianz pro Schiene warnte außerdem vor möglichen Spätfolgen, die ein weitgespanntes Fernbusnetz für die Infrastrukturpolitik des Bundes haben werde: „Beim Ausbau des Schienennetzes, etwa zwischen Berlin und Dresden, kann sich der Bund künftig aus der Verantwortung stehlen“, sagte Flege. „Der Fernbus fungiert dann als billiger Bypass, um Löcher in dem ohnehin unzulänglich ausgebauten Schienennetz nicht flicken zu müssen“, kritisierte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. „Die Konsequenz: Die Straßen verstopfen noch mehr als bisher. Nachhaltige Verkehrspolitik sieht anders aus.“