Sonderpreis Naturschutz: Kai Steinkamp

Das schreiben die Einsender

DB Cargo-Lokführer Kai Steinkamp ist mitten in der Nacht in der Region Pforzheim unterwegs, ganz allein mit sich, seiner Lok und unzähligen Waggons im Rücken. Doch auf einmal macht es „Bumm“. Er hält an und stellt fest, dass ein kleiner Uhu sich unter der Lok verfangen hat. Steinkamp befreit den Vogel und bettet ihn in einen Karton neben sich. Während Steinkamp noch um Hilfe telefoniert, ist die Eule auf dem warmen Führerstand eingeschlafen. Am Morgen kommt der Uhu in eine Auffangstation bei Karlsruhe. Zwei Lokführerkollegen, die von der Geschichte auf Facebook erfahren, sind begeistert. „Es kommt oft vor, dass Loks Wildtiere erfassen“, schreibt Stefan Kömp, „aber dieser Lokführer hat wirklich Herz gezeigt und sich den Respekt aller Kollegen verdient.“ Sven Hausmann schreibt: „Danke, Kollege, dass du nicht aufgegeben hast.“

Stefan Kömp (Tostedt) und Sven Hausmann (Luckenwalde)

Das sagt die Jury

„Obwohl eine Eule strenggenommen wohl nicht als Fahrgast anzusehen ist, hat Lokführer Kai Steinkamp das Tier im besten Sinne wie einen Fahrgast behandelt. Während viele Kollegen wohl einfach weitergefahren wären, hat der DB Cargo-Mitarbeiter den Unglücksort inspiziert, die Eule geborgen und sie dann in erfahrende Hände gegeben. Dass der Uhu überlebt hat, beweist, dass dieser Lokführer viel Herz besitzt und viel Verstand dazu. Der gekonnte Einsatz für einen vom Aussterben bedrohten Vogel verdient den Sonderpreis Naturschutz.“

„Wir hatten beide große Angst voreinander“ – Der Preisträger im Interview

Herr Steinkamp, haben Sie ein Händchen für Raubtiere?

Überhaupt nicht. Meine kleine Eule und ich, wir hatten beide große Angst voreinander.

Wie verlief denn die Rettung?

Es war drei Uhr nachts, ich war mit 100 Stundenkilometern unterwegs, als ich diesen Rums hörte. Ich dachte, ich habe vielleicht ein Reh erwischt. Als ich unter die Lok schaute, sah ich den kleinen Uhu. „Oh Gott, der lebt noch. Was mache ich jetzt?“ Ich habe null Erfahrung mit Wildtieren.

Sie haben erst mal telefoniert.

Lokdienst, Feuerwehr, Bundespolizei, keiner konnte mir was sagen. Beim NABU bekam ich wenigstens einen Rat, wie ich den Vogel aus dem Räderwerk holen kann.

Wahrscheinlich war der Schnabel gefährlich.

Der Schnabel ging noch. Aber er hatte wirklich lange Greifklauen. Ich zog mir dicke Handschuhe an und versuchte mit einem Stock, den Uhu da rauszuholen. Aber der Kleine wehrte sich. Er wusste ja nicht, dass ich ihm helfen will. Er hat gefaucht. Es klang wie ein wütendes Miauen.

Und dann?

Ich habe ihn in einen Karton getan, meine Jacke drübergelegt. Im Führerstand habe ich die Fußbodenheizung angemacht. Da hat er sich langsam beruhigt. Als ich dann so kleine Schlafgeräusche hörte …

Wie klang das?

Wie ein ganz leises Zischen. Da wusste ich, dass er sich wohl fühlt. Morgens habe ich dann die Tierrettung erreicht. Sie kamen mit einem winzigen Käfig. Und waren auch noch zu spät.

Und Ihre Lok stand am Bahnhof und hielt den ganzen Betrieb auf?

Zum Glück konnte ich ohne allzu große Verspätung weiterfahren.

Sind die Kollegen denn jetzt stolz auf Sie?

Die meisten finden es gut. Aber einige machen auch Witze. Wenn ich mal eine Schicht verhandeln will, sagen sie: „Der Steinkamp kümmert sich lieber um Eulen.“

Haben Sie Ihren Uhu noch mal wiedergesehen?

Ich habe später in Karlsruhe in der Wildtierstation angerufen, und sie haben mir erzählt, dass mein Uhu seinen gebrochenen Flügel auskuriert hat. Inzwischen wurde er ausgewildert und lebt nun wieder seine Freiheit.

Sind Sie denn auch sonst ein Umweltschützer?

Ich betrachte die Welt und alles Lebendige mit Respekt. Meinen Kaffee nehme ich in der Thermoskanne mit. Wir müssen doch nicht mit Wegwerf-Pappbechern rumlaufen. Das sage ich auch den Kollegen.

Sie sind also eine Art Vorbild?

Wohl oder übel. Aber es gibt schlimmeres, was man sein kann.