Das Mobilitätsverhalten von Kindern und Jugendlichen

Mobilitätsverhalten ist stark habitualisiert. In Kindes- und Jugendjahren erlernte Mobilitätsmuster verstetigen sich tendenziell im Erwachsenenalter. Junge Menschen lernen vor allem durch Nachahmen. Wird ihnen durch Eltern und Gesamtgesellschaft eine autoorientierte Verkehrsbeteiligung vorgelebt, während die Verkehrsplanung passend dazu eine autoorientierte Verkehrsumwelt prägt, so werden sich junge Menschen mit dem Erreichen der Volljährigkeit auch eher autoorientiert verhalten.

 

Infografik zu Modal-Split

 

Das Auto ist bei Kindern und Jugendlichen aller Altersklassen das dominante Verkehrsmittel. Es gibt jedoch klare altersspezifische Unterschiede.

Das Mobilitätsverhalten von Kindern wird stark von außen beeinflusst und in hohem Maße durch das Verhalten der Eltern bestimmt. Faktoren wie Autoverfügbarkeit, Mobilitätserziehung und das Maß der Bereitschaft von Eltern, das eigene Kind am Verkehrsgeschehen teilnehmen zu lassen, determinieren die kindliche Mobilität und führen letztlich dazu, dass Kinder in diesem Alter etwa die Hälfte ihrer Wege im Auto zurücklegen. Mobilitätsbildung in diesem Alter hat daher im besten Fall immer zwei Zielgruppen: Kinder und Eltern.

Das Mobilitätsverhalten von Jugendlichen ist deutlich multimodaler. Mit Erreichen des Teenageralters werden entstehende Freiräume in der Mobilität verstärkt genutzt. 14- bis 17-Jährige können als „Zweckmobilisten“ charakterisiert werden.[1] Für sie ist die multimodale Verkehrsmittelnutzung normal und sie lassen sich bei der Nutzung durch Mobilitäts-Apps unterstützen. Ihre Einstellung gegenüber den verschiedenen Mobilitätsoptionen ist eher nüchtern, die Verkehrsmittelwahl erfolgt pragmatisch. Große Erhebungen wie die Studien „Mobilität in Deutschland“ (2018) oder „Wie ticken Jugendliche“(2017) zeigen auch: Jugendliche wissen den Öffentlichen Verkehr zu schätzen. Er bietet nicht nur Flexibilität, Zuverlässigkeit und Schnelligkeit; er ermöglicht es auch Freunde wiederzutreffen und neue Kontakte zu knüpfen, Zeit für sich zu haben oder die Umgebung kennenzulernen. Umweltvorteile des ÖV als Nutzungskriterium hingegen spielen für Jugendliche kaum eine Rolle – auch mangels Alternativen: die Autonutzung als Selbstfahrer ist erst für 18-Jährige möglich und führt dann zu einer sprunghaften Verschiebung des Modal Split in Richtung MIV (s. Abb. 1). Hier wird deutlich, dass bei der Thematisierung von Mobilität in Schulen und Bildungseinrichtungen der Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekt in den Vordergrund rücken muss, um den Modal Split in dieser Altersgruppe und vor allem zukünftig in Richtung Umweltverbund auszubauen.

 

Ein anderer Modal Split ist möglich

Der internationale Vergleich mit der Schweiz und den Niederlanden zeigt: ein anderer Modal Split ist möglich. Wer als Kind mehr Wege zu Fuß zurückgelegt hat, tut dies auch verstärkt als Erwachsener. Dasselbe gilt für die Nutzung des Fahrrads. Monomodale – autoorientierte – Mobilitätsmuster sind bei Kindern und Jugendlichen also noch nicht zwingend verfestigt.

 

Infografik zu Modal Split CH, NL, D

 

[1] Sinus-Studie 2016: Wie ticken Kinder und Jugendliche?