Reaktivierung

 

Die Schiene kommt zurück. Bundesweit werden zunehmend stillgelegte Bahnstrecken reaktiviert. Reaktivierung, reaktivierte Eisenbahnstrecken

 

Im Güterverkehr steht der Begriff Reaktivierung für die Wiederaufnahme von Transporten auf zuvor stillgelegten Gleisen. Im Personenverkehr steht der Begriff für die Wiederaufnahme des (werk-) täglichen Personenverkehrs. Dabei kann die Schieneninfrastruktur auch noch betriebsbereit gewesen sein (sie wurde lediglich nicht mehr für den alltäglichen Personenverkehr genutzt).

 

Was ist eine Reaktivierung im Personenverkehr?

Wiederaufnahme des (werk-) täglichen Personenverkehrs – entweder auf einer befahrbaren Schieneninfrastruktur oder auf einer stillgelegten Schieneninfrastruktur, die für die Reaktivierung wiederhergerichtet werden musste.

Was ist eine Reaktivierung im Güterverkehr?

Wiederaufnahme von Gütertransporten auf einer Strecke, nachdem die Strecke wieder nutzbar gemacht worden ist.

Wie lang ist in der Regel die Zeitspanne zwischen der Einstellung des Personenverkehrs und der Reaktivierung des Personenverkehrs?

Dies ist je nach Einzelfall sehr unterschiedlich, zwischen mehreren Jahrzehnten und anderthalb Jahren. Je mehr Zeit vergeht, umso aufwändiger und teurer wird die Reaktivierung.

Welche Maßnahmen an der Infrastruktur sind erforderlich, um eine Strecke für den Schienenpersonennahverkehr zu reaktivieren?

Dies hängt von Einzelfall ab. Sind Streckeninfrastruktur und Bahnsteiganlagen noch vorhanden und in einem zeitgemäßen Zustand, sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich. Der häufigere Fall ist aber, dass nach einer längeren Phase ohne Personenverkehr die Gleis- und Bahnsteiganlagen modernisiert werden müssen. Um heute übliche Reisegeschwindigkeiten erreichen zu können, ist oft auch eine Erneuerung der Leit- und Sicherungstechnik erforderlich. Gegebenenfalls wird die Gelegenheit genutzt, um die Strecke zu elektrifizieren. In verschiedenen Fällen wurden auch bereits demontierte Streckenabschnitte für eine Reaktivierung wiederaufgebaut.

In welchem Verhältnis stehen im Schienenpersonennahverkehr Reaktivierungen zu Abbestellungen?

Seit der Bahnreform 1994 wurden in Deutschland mit über 3.600 km auf deutlich mehr Strecken der Schienenpersonennahverkehr abbestellt als reaktiviert (über 800 km). In einigen Bundesländern ist das Verhältnis aber anders als in der bundesdeutschen Gesamtbetrachtung: In Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Schleswig-Holstein wurden seit 1994 jeweils mehr Streckenkilometer für den Personennahverkehr reaktiviert als abbestellt.

Was sind die Vorteile einer Reaktivierung gegenüber dem Neubau einer Eisenbahnstrecke?

Grundsätzlich ist eine Reaktivierung mit einem deutlich geringeren Aufwand und mit deutlich geringeren Kosten verbunden als der komplette Neubau einer Eisenbahnstrecke. Die Streckeninfrastruktur ist in der Regel noch vorhanden und kann – gegebenenfalls nach einer Sanierung – wieder genutzt werden. Selbst wenn die Gleisanlagen abschnittsweise schon demontiert sind, kann eine Reaktivierung von den noch vorhandenen Flächen und Anlagen (z.B. Bahndämme) profitieren.

Wer muss aktiv werden, um eine Reaktivierung einzuleiten?

Eine Reaktivierung im Schienenpersonennahverkehr muss von den zuständigen Bundesländern beziehungsweise Aufgabenträgern beschlossen werden.  Oft kommt der Anstoß von Bürgern und Bürgerinitiativen, die sich für das Reaktivierungsprojekt einsetzen. Die Initiative für eine Reaktivierung im Güterverkehr kann von unterschiedlichen Akteuren ausgehen. In Frage kommen Transport- und Logistikfirmen (Verlader), die für ihre Transporte wieder einen Schienenanschluss brauchen. Daneben auch Eisenbahnverkehrsunternehmen, die neue Kunden anschließen möchten. Oder Kommunen, die die Standortqualität verbessern wollen. Schließlich kann die Initiative von Eisenbahninfrastrukturunternehmen ausgehen, die auf die Nachfrage nach Schienen-Infrastruktur reagieren.

Wie werden Strecken stillgelegt?

Das Thema Stilllegung hat mehrere Aspekte: Der Stilllegung der Schieneninfrastruktur geht zunächst die Einstellung des Personenverkehrs und des Güterverkehrs voraus.

Wer entscheidet über die Einstellung des Personenverkehrs?

Seit der Bahnreform Mitte der 1990er Jahre sind die Bundesländer für die Organisation des Schienenpersonennahverkehrs zuständig. Sie beziehungsweise die sogenannten Aufgabenträger entscheiden, wo und in welchem Umfang Regionalverkehr auf der Schiene stattfindet und wo er eingestellt wird. Wenn der Personenverkehr eingestellt wird, ist damit aber die Streckeninfrastruktur noch nicht stillgelegt. Die Gleise sind ja erst einmal weiter vorhanden und werden lediglich bis auf Weiteres nicht mehr für den Personenverkehr genutzt.

Wer entscheidet über die Einstellung des Güterverkehrs?

Wo und in welchem Umfang Schienengüterverkehr durchgeführt wird, entscheiden die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) in eigenem Ermessen in Abhängigkeit von der Nachfrage. Wenn Eisenbahnverkehrsunternehmen auf einer bestimmten Strecke keinen Schienengüterverkehr mehr durchführen, ist damit aber noch keine Entscheidung über die weitere Zukunft der Schieneninfrastruktur getroffen.

Wer entscheidet über eine Stilllegung der Schieneninfrastruktur?

Zuständig für den Betrieb der Schieneninfrastruktur sind die Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU). Um wirtschaftlich arbeiten zu können, müssen sie ihre Ausgaben durch entsprechende Trassenpreiseinnahmen finanzieren. Wenn bei einer Strecke die Abbestellung des Schienenpersonenverkehrs oder die Aufgabe des Schienengüterverkehrs zum Wegfall der Einnahmen führt, kann das Eisenbahninfrastrukturunternehmen ein Stilllegungsverfahren nach § 11 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) bei der zuständigen Aufsichtsbehörde einleiten. Wenn die fehlende Wirtschaftlichkeit bestätigt wird und kein anderes EIU Interesse an einer Übernahme der Strecke hat, wird die Schieneninfrastruktur stillgelegt. Die betroffene Strecke kann fortan nicht mehr vom Eisenbahnverkehr genutzt werden. Dies gilt für den Personenverkehr ebenso wie für den Güterverkehr.