Es geht um Heimat und Liebe

Bahnhof des Jahres: Reisende würden Stuttgart Hauptbahnhof wählen

Berlin. Wenn es nach dem Willen von Bahnkunden in ganz Deutschland geht, sollte der Stuttgarter Hauptbahnhof „Bahnhof des Jahres 2011“ werden. Pünktlich zu seinem fünften Geburtstag kommt der Berliner Hauptbahnhof bei der Beliebtheit der Bahnkunden auf Platz vier. Das ergibt sich aus mehr als 700 Einsendungen im Rahmen des Wettbewerbs „Bahnhof des Jahres“. Erstmals sind in dem Wettbewerb um ausgezeichnete Kundenfreundlichkeit, den die Allianz pro Schiene seit 2004 alljährlich veranstaltet, auch Privatpersonen aufgerufen, ihren Lieblingsbahnhof zu nominieren. Seit April machten die Reisenden von dieser Möglichkeit ausgiebig Gebrauch. Die Einsender nominierten insgesamt rund 50 Bahnhöfe aus allen Bundesländern und begründeten in oft sehr ausführlichen Briefen ihre Wahl.

Fast die Hälfte aller Einsender (337) sprachen sich für Stuttgart Hauptbahnhof als Anwärter auf den Titel „Bahnhof des Jahres“ aus. Auf Platz zwei mit 53 Nennungen kam Leipzig Hauptbahnhof. Der Hauptbahnhof von Hannover, der schon 2004 den Titel „Bahnhof des Jahres“ gewonnen hatte, rangiert bei den Kunden auf Platz drei (44 Einsendungen), gefolgt vom Bahnhof des Jahres 2007 Berlin Hbf (30), Köln (17), Uelzen (15) und Hamburg (12). Bis Ende Juli wird die Allianz pro Schiene weitere Einsendungen sammeln und auswerten. Nach Vor-Ort-Tests der Jury werden Ende August zwei Siegerbahnhöfe gekürt – den Titel „Bahnhof des Jahres 2011“ erhalten ein Kleinstadt- und ein Großstadtbahnhof.

„Überraschend ist die große emotionale Verbundenheit der Menschen mit ihrem Bahnhof“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. „Sogar bei Stuttgart ist es nicht der Wutbürger, der schreibt. Aus vielen Einsendungen spricht ein tiefes positives Gefühl für ein Gebäude, das für Aufbruch und Rückkehr zugleich steht. Der Bahnhof wird damit zum Symbol der Heimat.“ Neben dem Gefühlswert hätten die Kunden bei ihren Lieblingsbahnhöfen vor allem gute Einkaufsmöglichkeiten und die Verkehrstauglichkeit ihres Bahnhofs herausgestellt.

Bei kritischen Einsendungen habe Politikverdrossenheit und eine allgemeine Unzufriedenheit mit der Deutschen Bahn eine Rolle gespielt, die aber auch oft als Zeichen enttäuschter Liebe zu werten seien, sagte Flege, der auch Mitglied der Bahnhof des Jahres-Jury ist. „Wir fühlen uns als Jury durch die vielen Einsendungen bereichert“, sagte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. „Oft spiegelt die Normalperspektive unsere Expertendiskussion nicht wieder.“ So verwies Flege auf zahlreiche Briefe zum Berliner Hauptbahnhof, in denen Kunden gerade die „kurzen Wege“ gelobt hätten. Auch bemängelten einige Bahnpuristen, dass sich die modernen Bahnhöfe in bessere Einkaufszentren verwandelt hätten. „Die Kunden, die uns als Fans von Berlin, Leipzig und Hannover geschrieben haben, sehen aber gar keinen Gegensatz zwischen Reisen und Einkaufen.“ Flege versprach, dass sich die Jury auch weitere Einsendungen, die noch bis Ende Juli abgegeben werden können, „bei der Siegerwahl zu Herzen nehmen wird“. Dies umso mehr, als einige Einsender in dem Bahnhof ihrer Wahl auch die große Liebe ihres Lebens getroffen hätten.

In einem Interview mit der Allianz pro Schiene, begrüßte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) den neuen interaktiven Teil des Wettbewerbs. „Ich finde es sehr gut, dass jetzt die Bürgerinnen und Bürger auch direkt gefragt werden, welchen Bahnhof sie am besten finden.“ Auf die Frage nach seinem eigenen Lieblingsbahnhof musste der Minister allerdings passen. „Ich persönlich kann Ihnen kein Lieblingsgebäude nennen, dafür gibt es in Deutschland einfach zu viele schöne Bahnhöfe.“w